Nach dem Tod meines Vaters wurde mir erschreckend bewusst: Ich habe von ihm kein Erinnerungsstück, das mir wichtig ist und mir am Herzen liegt.
Geärgert habe ich mich über mich selbst im Nachhinein: als Teenager habe ich seinen Ring weggegeben. Mein Vater schenkte ihn mir zu meiner Konfirmation. Ein viereckig gefasster Ring mit 16 kleinen Perlen in Rosa, Hellblau und Weiss. Er hat mir nicht wirklich gefallen und wanderte in mein Schmuckkästchen. Später dann gab ich ihn meiner Oma und hoffte, ihn jetzt in irgendeiner Familien-Schatulle wieder zu finden. Wie sehr hatte ich mir diesen Ring zurück gewünscht. Als Erinnerung an meinen Vater.
Mist! Mist! Mist! Ich war enttäuscht, sauer und traurig über mich. Kannste Dir ja vorstellen.
Dann erinnerte ich mich, dass ich nach Tante Irmgards Tod einen Ring von ihr erbte. Tante Irmgard war die Schwester meines Vaters. Als Kind hab ich sie heimlich bewundert, weil sie alleine lebte in ihrer Braunschweiger Wohnung. Sie arbeitete ein Leben lang als Sekretärin bei Rollei und machte tolle Fotos von ihren Reisen in Europa.
Ich bekam einen Türkis in Gold gefasst. Potthässlich. Und weil ich zwischenzeitlich in Claudia Cardinals Buch gelesen hatte, dass man etwas selbst „gestalten“ könnte, um sich an den Toten zu erinnern … ich wollte selbst einen Ring schmieden.
Dann aber erinnerte ich mich an „meine“ Goldschmiedin in Frankfurt und fragte sie, ob sie etwas draus machen könnte. Der Stein war etwas angeknackst. Leider hab ich kein VORHER-Foto. Sie hat etwas draus gemacht. Das Foto zeigt den „neuen“ Ring. Ist er nicht schön geworden? Sieht aus wie ein kleines Törtchen. Ich hole ihn im November ab. So lange muss ich mich noch gedulden. Ich freue mich schon sehr darauf, ihn zu tragen. In Erinnerung an die beiden Schuseils.
Fazit: Überlege gut, was Du weggibst oder weiterschenkst: Es könnte eines Tages wichtig sein und Du wirst es vermissen. Gott sei Dank, kann man es natürlich wieder gut machen, indem man etwas schmiedet oder bastelt oder malt ….
Meine Goldschmiedin ist Frau Clausen von Clausen & Diehl in Frankfurt.
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Liebe Christine, ein Flügel ist ein ganz besonderes Instrument finde ich. Würde dir ja gerne mal zuhören früh morgens … das ist bestimmt eine sehr schöne stimmungsvolle halbe Stunde. Ich bin mir sicher, Dein Vater lauscht und freut sich über dich.
Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten nach Frankfurt zu kommen und meinen Ring abzuholen … wahrscheinlich schreibe ich noch einmal und zeige ihn an meinem Finger. Tschüss.
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Liebe Petra, oh ja, darüber würde ich mich sehr freuen! Schreib mal, wie das Gefühl tatsächlich ist, wenn Du den Ring trägst!
Du hast Recht, diese halbe Stunde am Morgen hat ihre ganz besondere Stimmung. Und ich glaube auch, dass mein Vater lauscht! Ich höre ihn in seiner unnachahmlichen Art kommentieren …wenn ich mal wieder über die eine oder andere Stell hinweghuddele 😉
Lieben Gruß, Christine
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Den Ring hab ich heut abgeholt und er ist noch schöner als auf dem Foto. Ich hab ihn natürlich gleich am Finger behalten und er ist der BLICKFÄNGER schlechthin.
Was Tante Irmgard wohl jetzt sagen würde? „Hätte Dir ja mal früher einfallen können! Schön sieht er aus.“ Mein Vater nickt dabei anerkennend.
😉
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Liebe Petra, danke für diese wunderschöne Geschichte. Du wirst Dich ganz sicher Deinem Vater und Tante Irmgard sehr nahe fühlen, wenn Du den Ring trägst!
Mein Vater hat mir noch zu Lebzeiten seinen Flügel vermacht, ein Instrument, das seit den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts in unserer Familie ist. Er konnte nicht mehr Klavier spielen und wollte mit erleben, wie der Flügel umzieht. Meine pianistischen Fähigkeiten sind leider sehr beschränkt und so spielte ich eher sporadisch Klavier. Seit dem Tod meines Vaters im August habe ich mir seine Angewohnheit zu eigen gemacht, die ich aus Kindheitstagen erinnere: ich spiele (fast) jeden Morgen eine halbe Stunde Klavier, bevor ich mich an den Schreibtisch setze! Das entspannt sehr und mein Vater ist mir in diesen Momenten sehr nah.
Liebe Grüße
Christine
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