Einfach so ein Leben wegwerfen

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Literatur zum Thema

Ich war heut zum zweiten Mal im Zürcher Friedhof Forum um mir die Ausstellung „Die letzten Dinge“ näher anzuschauen bzw. anzuhören. 7 Audiodateien kann man anklicken. Sie dauern zwischen drei und sieben Minuten.

Es wurden Interviews geführt mit Menschen, die entweder eine Wohnung oder ein Haus leer geräumt haben – privat oder professionell. Von einer Dame hörte ich, die über 50 Jahre mit einem Papagei gelebt hat. Was hat sie wohl aufgehoben zur Erinnerung?

Nicole habe ich eben in einem Kommentar geantwortet:

War heute wieder dort um mir die Audio-Interviews anzuhören. Wirklich sehr eindrücklich und berührend … eine sagte zum Schluss: „einfach so ein Leben wegwerfen“. In kürzester Zeit sind oft die Sachen eines Verstorbenen „entsorgt“. Einfach weg.

Oder eine Frau erzählte, wie es drei Jahre dauerte bis das Zimmer ihres verstorbenen Sohnes, der 20-jährig gestorben ist, leer geräumt wurde. Ein paar lustige Hauspuschen und T-Shirts wurden aufgehoben.

Ich blogge ggfs. ergänzend über meine Gedanken zu den Männern, die innert 4 Tagen die Wohnung meiner Mutter leer räumten … ich habe mich so manches gefragt zu ihrem Tun. Denn die Aussagen eines Geschäftsführers, der Wohnungen und Häuser professionell leer räumt und „entsorgt“ hat mich sehr berührt mit wieviel Würde und Bedachtsamkeit er an seine Arbeit herangeht.

Ich hatte plötzlich eine große Hochachtung vor der Arbeit der Männer, die die Wohnung meiner Mutter professionell auflösten. Das heißt, sie haben die Küche mit allen Lebensmitteln, den voll gestellten Balkon, das überfüllte Schlafzimmer und die Wohnzimmerschränke ausgeräumt und weg geschafft. Ich muss aber auch mit Stolz sagen, dass meine Schwestern und ich eine sehr gute Vorarbeit geleistet haben. Wir haben auch ne Menge gesehen und emotional viel geleistet. Den Männern haben wir überlassen, was wir nicht schaffen konnten und wollten.

Wie sie wohl vorgegangen sind?
Was sie alles gesehen haben!
Ob sie vorsichtig vorgingen, wenn sie eine neue Schublade öffneten?
Sie haben viel gesehen und gesichtet, wie es ihnen wohl erging dabei?

Auf jeden Fall hab ich eine große Achtung vor ihnen, dass sie diesen Job geleistet haben. Die Wohnung meiner Mutter wurde ja zu Lebzeiten aufgelöst. Vieles was ihr oder uns wichtig war haben wir heraus genommen und verwahrt bzw. umgezogen in eine kleinere Wohnung. Alles andere ging in den Verkauf, wurde aufgelöst oder weggeschmissen. Da waren gute Sachen dabei: Möbel, Geschirr, Bücher, ein neues Sofa …

Ihre Kunst habe ich aufgehoben und verwahrt … und der komplette Zeichen- und Malbedarf ging an ihren Mallehrer.

Ich würde sagen, man wirft nicht ein Leben weg aber all die Sachen, die ein Leben, eine Wohnumgebung ausmachten.

Das Foto, das ich im Friedhof Forum geknipst habe, zeigt eine Vielzahl von Büchern, die man zum Thema lesen kann. Welches spricht Dich am meisten an?

3 Gedanken zu „Einfach so ein Leben wegwerfen

  1. *seufz*
    Liebe Petra, wenn ich auf einem Foto Buchtitel lesen und beurteilen soll, wäre es toll, wenn ich das Foto großklicken könnte, um diese LESEN zu können … So, spontan, hätte ich vermutlich zu „Magic Cleaning“ gegriffen.
    Liebe Grüße
    Christiane, mit Lesebrille

    Gefällt 1 Person

  2. In meiner Trauer verarbeite ich. Ich verarbeite aber auch, indem ich mich von Dingen trennen muss, die zum Leben des Verstorbenen gehört haben. Wann und in welchem Tempo das geschieht, sollte jeder für sich selbst ausmachen, ich habe beides erlebt – ganz schnell und nach Jahren noch nicht – und weiß nicht, wie ich reagieren würde.
    Das Leben werfe ich deshalb nicht weg, sondern nur die „Zutaten“.

    Gefällt 4 Personen

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