Und dann trug ich die Asche meiner Mutter durch Paris

IMG_4177Ein Beitrag zu unserer Blogaktion „Wo spaziert der Tod durch euer Leben?“ Bei mir kürzlich hier:

Tee mit meinem Freund Philippe. Seine alte Mutter ist in Paris verstorben. Sie hat alles gut vorbereitet und mit ihrem Sohn besprochen. In der Seine soll ihre Asche verstreut werden, gleich bei Notre Dame. Die Trauerfeier sollte in ihrem Geburtsort sein, dort leben noch viele Neffen. Ihr Name kommt dort auf den Stein des alten Familiengrabs. Nur eine Blume sollte jede*r mitbringen, weiß oder gelb. So tat die Familie es auch. Legten die Blüten um die Urne. Später aufs Familiengrab, denn die Urne ging ja wieder zurück nach Paris.

Philippe ist das Redenhalten gewohnt. Zwanzig Minuten lang spricht er bei der Trauerfeier über das Leben seiner Mutter. Ordnet es ein in das Zeitgeschehen Frankreichs seit 1930. Die Cousins danken ihm, auch für sie hat sich dadurch einiges neu sortiert und die Tante noch einmal näher gebracht.

Bei der Pariser Bestatterin war es so: Unter dem Ärmel lugt die Armtäowierung hervor. Später wird sie erzählen, dass ihr Großvater, also seine Asche, noch bei ihr im Wohnzimmerregal steht. Er habe sich immer wegstehlen wollen. Aber sooo nicht. Nun muss er noch eine Weile über der Erde bleiben, bis die Zeit stimmt.
Luc fragt, ob es einen Pappsarg gebe. Denn die Mutter wollte, dass ihr Begräbnis so wenig wie möglich kostet. Gibt es nicht, also Holz. Tage später geht er bei der Bestatterin vorbei und holt seine Mutter ab. Die Urne ist ein hässliches Standardmodell, da schien es keine gute Auswahl zu geben, sie wird in eine Kiste verpackt und verschnürt wie ein Panetone-Kuchen. 25 Minuten spaziert Philippe mit der Urne seiner Mutter durch Paris. Denn die Metro streikt noch immer. Es ist ein guter Weg. Wie all die anderen rund um den Tod seiner Mutter.

Nun steht sie beim Vater im Schrank. Bis der Sohn wieder in Paris ist, bis das Wetter passt und es Zeit ist, die Asche dem Fluss des Lebens zu übergeben.

 

5 Gedanken zu „Und dann trug ich die Asche meiner Mutter durch Paris

  1. Berührend und so menschlich. Ja, wir in Deutschland sind da wieder mal hinterwäldlerisch, obgleich die Bestattungsformen sich ja auch hier ändern.
    Ich nehme demnächst an einer Führung durch den Friedwald teil, das wäre so ‚meins‘ und mein Mann geht mit (er schiebt das Thema so vor sich hin), aber danach können wir vielleicht etwas regeln – langfristig, denn wir wollen ja noch etwas leben 🙂 .

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  2. Liebe Annegret,
    was für ein Herz erwärmender Beitrag! Es ist schade, dass es in Deutschland bisher nur in Bremen möglich ist, die Asche der Lieben ausgehändigt zu bekommen. Ich durfte die Urne meiner Mutter nicht einmal die kurze Fahrstrecke von der Kapelle bis in den Ruheforst (25 min.) transportieren. Dabei hätte ich das so gerne gemacht. Aber ich habe sie dann zu ihrem Baum getragen. Das war auch schön. ❤
    Liebe Grüße
    Nicole

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  3. Pingback: März-Blogaktion: Wo spaziert der Tod durch euer Bild? | Totenhemd-Blog

  4. Liebe Annegret,

    was für eine schöne Idee, die eigene Asche einem lieben Menschen anzuvertrauen. Die Geschichte erinnert mich an „Die Reisen mit meiner Tante“ von Graham Greene. Ich glaube, in Deutschland ist es verboten, die Asche mit nach Hause zu nehmen.Auf jeden Fall passt dieser Beitrag zu meiner momentanen Stimmung und dem Bedürfnis, alle weltlichen Dinge schon mal gut zu regeln. Natürlich möchte ich gerne alt werden! Doch ich fange schon mal an, denn je früher ich anfange, desto leichter und unbeschwerter wird meine Zeit sein.
    Herzliche Grüße
    Martina

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    • Hallo Martina, guten Morgen, ja, in Deutschland ist es verboten die Urne mitzunehmen. Warum eigentlich? Hier in der Schweiz nicht. Die Urne darf im Wohnzimmer stehen, im Garten ausgeleert werden oder oben auf dem Berg oder im See … einer meiner Vorstellungen was mit meiner Asche passiert: mein Mann steigt ins Flugzeug nach HongKong mit der Urne unterm Arm und verstreut meine Asche überm Peak :-). Da bin ich mir immer noch nicht so sicher wohin „mit mir“ ;-).

      Ist gut schon mal anzufangen die weltlichen Dinge gut zu regeln.
      Schönen Tag und viel Freude. Herzlich. Petra

      …. oder durch Paris getragen zu werden … schöner Gedanke … nochmal durch Paris flaniert werden 🙂

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