Susannes Mutter ist vor einigen Wochen plötzlich gestorben. Ihr Tod kündigte sich keine Sekunde vorher an. Plötzlich war sie tot. Susanne und ihre Töchter waren geschockt und konnten es erstmal gar nicht fassen.
Ich fragte Susanne vorgestern ob ich über ihre Erfahrung schreiben darf. Heute erzählte sie mir alles und ich bedanke mich sehr bei ihr für ihr Vertrauen. Sie ist froh, dass ich sie gefragt habe, denn sie meint, es müsse sich in unserer Beerdigungs- und Trauerkultur etwas verändern. Weg vom Üblichen hin zu etwas Neuem, Authentischem. Abschied nehmen ja, aber nicht so todtraurig. Natürlich ist der Körper tot, wird verbrannt oder begraben. Aber die Erinnerung an den geliebten Menschen, das „sich erinnern“ das ist was zählt und was trägt. Das ist, was für Susanne im Mittelpunkt steht.
Zunächst musste sie sich um die Wohnung kümmern, auf- und ausräumen und die Beerdigung organisieren. Susanne erzählt mir, dass ihr die Fotoalben ihrer Mutter aber auch Briefe der Liebhaber ihr einen neuen Blickwinkel auf ihre Mutter schenkten. Sie musste über so manches lachen neben ihrer Trauer. Susannes Mama war ein umtriebiger Mensch, die gerne andere mitriss und begeisterte. Sie war neugierig auf das Leben und hat es ausgekostet.

Susanne und ihre Töchter haben sich entschieden die Beerdigung selbst zu gestalten, ohne Pfarrer oder Trauerrednerin. Sie und ihre Töchter haben am Grab im Friedwald eine Rede auf ihre Mutter bzw. Oma gehalten. Vorher trugen sie die kompostierbare Urne zum Baum. „Wer, wenn nicht ich selbst, soll über meine Mutter sprechen?“, fragt Susanne energisch. Und die Töchter bekräftigten sie, dass sie gut eine Verbindung zu Gott herstellen könnten. Diese Rede, die Susanne für ihre Mutter schrieb und sie dann vor der bunten Schar der Trauergäste hielt, verlieh ihr tiefen Frieden. Auch die Mädchen fanden schöne Worte für ihre Oma. Sie erzählten den Trauernden, dass es nicht immer einfach mit ihrer Oma war und was sie von ihr gelernt haben. Die Menschen, die in den Wald kamen um sich von der Toten zu verabschieden brachten Geschenke aus der Natur mit: Moos, Blumen, Steine vom Bodensee, getrocknete Kräuter. Eine Freundin sang ein Lied von Goethe, der Hund pinkelte an den Baum … der Förster war dabei und schaufelte das Urnengrab wieder zu. Nach den Coronarichtlinien hätten nur 10 Gäste kommen dürfen aber da der Abstand gewahrt wurde … im Wald konnte man sich ausbreiten.

Während der anschließenden Trauerfeier in einem bekannten Frankfurter Ausflugslokal, das die Mutter gerne besuchte, wurde ein Glas Sekt getrunken und die Lieblings CD gehört mit deutschen Schlagern. Tja, auch das gehörte zur Mutter. Ein Musikgeschmack, der nicht jedem Ohr gefällt ;-).
Susanne und ich waren uns einig, dass es schön ist, von den vielen Freunden und Wegbegleiter*n der Mutter tröstliche Worte zu hören am Grab. Sie war auch um jede Karte oder Brief dankbar. Jede WhatsApp Nachricht hast sie getröstet.
Ich soll nicht vergessen zu schreiben, mahnt sie mich, dass Susanne mit ihren Töchtern zwischen dem Tod und der Beerdigung eine „Oma-Erinnerungstour“ machte. Nämlich zu den Lieblingsorten, die ihre Mutter gerne bereiste. Es ging von Frankfurt aus zum Bodensee bis zum Seealpsee im Schweizer Appenzell … „da war sie so präsent“, schwärmt Susanne.
Oh, wie schön, dass du diese Erfahrungen von Susanne eingefangen hast. Was für eine Kreativität und Kraft darin steckt, ich bin sehr beeindruckt. Und danke an Susanne für all die Fotos!
Herzlich, Annegret
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