Das Bergsteiger-Grabkreuz, das auf den Berg umzog

In der Schweiz sitze ich bei meiner Freundin „oben auf’m Berg“ auf der Terrasse unterhalb vom Tanzboden – so heißt der Berg. Spüre die Sonne in meinem Gesicht. Höre in der Ferne das leise Bimmeln der Glöckchen, die an Schafhälsen hängen. Genieße „Kaffeestückscher“, die ich aus der Heimat mitbrachte und höre Renée zu. Ihr Hund zwischen uns. Er schaut frech.

„Wir haben das Grabkreuz unseres Vaters vom Friedhof nahe Hanau hierher umgezogen. Die Zeit des Grabes war abgelaufen und sollte aufgelöst werden. Mein Vater liebte das Bergsteigen. Er hat viele viele Viertausender bestiegen! Wenn er in der Schweiz war, gehörte es für ihn dazu, den Bergsteigerfriedhof in Zermatt zu besuchen. Wir wussten, er wünscht sich ein schmiedeeisernes Bergsteigerkreuz für sein Grab, so wie man es dort in Zermatt auf den Gräbern sieht. 

„Komm‘ ich zeig dir, wo es steht.“ Sprach’s und sprang auf und zeigte mir in der Höhe ganz oben auf dem Grundstück das Grabkreuz mit dem Eispickel ihres Vaters. Es wirkt wie ein Gipfelkreuz da oben. „Wie schön ist das denn“, sagte ich zu ihr. „Das muss in unseren Blog in die November-Blogaktion. So ein herrliches Ritual!!! Ihr habt das Grab nicht einfach wegräumen lassen sondern habt das Kreuz mitgenommen und hierher umgezogen in die Schweiz“. Und dann dieser phantastische Blick ins Tal hinunter auf den Zürichsee.

Als ich diese Geschichte hörte war mir ganz wohlig und selig zumute … als wenn etwas Gutes vollbracht ist nach dem frühen und unerwarteten Tod des Vaters. Ich finde: Gut gemacht!

Blick ins Tal – geknipst von Renee
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Allgemein von Petra Schuseil. Permanentlink.

Über Petra Schuseil

Als "alte" Frankfurterin pendel ich seit Anfang 2012 zwischen Frankfurt und dem Zürichsee hin und her. 64 bin ich jetzt und offiziell Rentnerin. Ich schreibe regelmäßig Morgenseiten, singe im Kirchenchor, und schwimme im Sommer täglich im Zürichsee. 2013 kam mein Buch "Finde Dein Lebenstempo" auf den Markt. "Wesentlich werden" so heißt ein anderer Blog von mir. Seit Ende 2014 gibt es unseren Totenhemd-Blog. Inzwischen sind wir ein Team: Juliane, Sigrid und Lutz schreiben mit. Wenn nicht jetzt, wann dann ist mein Lebensmotto.

3 Gedanken zu „Das Bergsteiger-Grabkreuz, das auf den Berg umzog

  1. Liebe Renée, ich bin dir sehr dankbar, dass du mir auf’m Berg eure Geschichte erzählt hast. Und dein Vater ist so jung so plötzlich an einem Virus gestorben … wieviele Viertausender er noch hätte besteigen können. Ich stelle mir vor, dass „er“ sich sehr wohl fühlt mit dem Grabkreuz da oben bei euch … wenn ich zu euch rüberschaue – über den See zu euch nach oben – dann wird das auch immer ein Gedanke an deinen Vater sein. Möge er seinen Frieden haben hier bei uns in der Schweiz.
    Danke!!!!
    Herzlich. Petra

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    • Liebe Petra, danke, dass Du meine Geschichte so aufmerksam aufgenommen hast. Passt sehr schön zum Ewigkeitssonntag. Und sie zeigt mir einmal mehr, dass Menschengeschichten den Tod lang überdauern. Liebe Grüsse ins „Tal“ 🏔🥾🎒😊 Renée

      Gefällt 1 Person

  2. Pingback: Alle Novembertermine in der Übersicht mit unseren Autor*innen der November-Blogaktion | Totenhemd-Blog

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