Zur November Blogaktion heute mein Beitrag Wenn ich zuerst sterbe.. möchte ich nicht im Kaktus landen.
Ich gebe zu, das klingt merkwürdig, absurd, zumindest skurril. Wenn ich zuerst sterbe… dann habe ich keine Wünsche, was meine Beerdigung, meine Begräbnisstätte, die Trauerfeier usw. betrifft. Mag sein, es fällt den Angehörigen leichter, wenn sie wissen, wie sie mit dem Toten umgehen sollen, welche Wünsche er hatte usw. Gut möglich aber auch, dass das einen immensen Druck ausübt, weil sie viele Dinge vielleicht für sich anders geregelt hätten. Beerdigung, Grabstätte etc. dienen meiner Meinung nach in erster Linie den Bedürfnissen der Angehörigen, also sollen sie es so richten, wie sie es gerne hätten – mir ist das vollkommen egal. Ich habe weder so noch so noch so oder so etwas davon, Macht es so, wie ihr wollt. Fertig.
Nur eine Bitte hätte ich vielleicht doch noch – ich möchte nicht im Kaktus landen.
Was das heißt?
Im November 2016 bereisten meine Frau und ich die Atlantikinsel Madeira. Damals notierte ich in meinem Blog diese Geschichte, die erklärt, was ich meine. Darum wiederhole ich sie hier im Rahmen der Blogparade.
Weit und einladend breitet Christus seine Arme aus. So als wolle er die ganze Welt umarmen und jede Seele zu sich rufen. Mächtig erhebt sich die Skulptur von Georges Serraz aus dem Jahr 1927 über dem atlantischen Ozean. Auf einer kleinen Halbinsel Ponta do Garajau steht sie und heißt die einlaufenden Seefahrer vor Madeiras Hauptstadt Funchal willkommen. Nach Tagen auf See haben sie den Hafen der portugiesischen Blumeninsel, die rund 500 Kilometer vor der Küste Afrikas liegt, erreicht.
Angekommen.Nicht angekommen sondern gegangen jedoch ist ein Mensch, dessen Herz stets dem Wasser gehörte. Für immer. Zumindest denke ich das. Seine sterblichen Überreste, so hatte er sich wohl gewünscht, sollten dereinst von diesem Ort die Klippen hinab ins Meer verstreut werden. Ein weit verbreiteter Wunsch heutzutage.
Das Ansinnen ist verständlich, Menschen neigen zu solchen Verfügungen.
In Deutschland geht das nicht so einfach. Und davon mal ganz abgesehen: Hat man den lieben Verstorbenen einmal aus der Hand in die der Bestatter gegeben, bekommt man ihn hierzulande nie wieder zurück. Nicht mal kremiert. Asche vertstreuen? Ein Unding.
Nicht so ist das offensichtlich in anderen Ländern. Dort wird der Tote nach seiner Verbrennung auch den Verwandten wieder ausgehändigt, damit diese die Urne – wo und wie auch immer – bestatten oder die Asche verstreuen können. Und sei es zu Füßen des Cristo Rei in Garajau.
Dort nämlich hat jemand in bester Big Lebowski Manier auf der Klippe die Asche eines Angehörigen unter den wohlwollendem Blick der Skulptur den Elementen und Gottes freier Natur überantwortet.
Ein wenig unprofessionell und/oder mit der Gesamtsituation überfordert scheint das Ganze abgelaufen zu sein. Denn die Urne haben die emotional aufgewühlten Angehörigen nicht wieder mitgenommen sondern gleich direkt unter den Füßen des dichten Opuntienbewuchses liegen gelassen. Oder gleich vor Ort weggeworfen. Wie auch immer.
Und so erkenne ich, dass die schwarz lackierte Metalldose im Gestrüpp weder eine überdimensioniertes Teeaufbewahrungsbehältnis (nicht umsonst Tee-Urne genannt) noch eine Blumenvase ist. Verräterisch befinden sich am oberen Rand des Gefäßes die beiden Fäden, die man herauszieht, um das Behältnis taktvoll im Erdboden versenken zu können ohne sich dafür hinknien zu müssen. Wer mal Rücken hatte, weiß, wie beschwerlich danach das Aufrichten wieder sein kann. Da gilt es, für den Fall der Fälle vorzubeugen.
Und noch etwas fällt mir auf: Neben der Urne liegt der grau silberne „Bodybag“ – eine kunststoffbeschichtete Aluminiumtüte, in dem die Asche des Toten samt Sarg transportfertig gemacht wurde. Dass verbrannte Tote in Extratüten transportiert werden, ist vermutlich deshalb sinnvoll, da so ein Urnendeckel ja keinen Schraubdeckel hat und daher nicht dicht schließt. Denke ich mir jedenfalls. Dann das wusste ich bis zu diesem Tag im November 2016 auch nicht.
Art und Größe der Alutüte erinnern an die Vakuumverpackungen für Kilopacks gerösteter Kaffeebohnen. Doch fehlt hier der kaffeespezifische Aufdruck auf dem Alu. Geröstete Bohnen waren da also ganz sicher nicht drin – eher geröstete Gebeine (Verzeiht mir bitte den Kalauer, ich fand ihn zu gut, um ihn nicht zu bringen).
Ein Blick auf den Kaktus und die Sache ist klar.
Die Asche des Toten war mitnichten im hohen Bogen Richtung Meer verweht worden. Wer immer die Asche verstreut hatte, hätte sich entweder eingehender mehr mit der Windrichtung beschäftigen sollen. Die Asche landete nämlich dank auflandiger Winde nicht im Meer, Teile von ihm hängen im Geäst der nächsten Opuntien…
Das war wohl so eher nicht geplant. Die Asche von einem Boot aus ins Meer zu streuen, wäre wohl wesentlich zielführender gewesen. Aber hinterher ist man immer schlauer.
Und noch etwas ist klar. Die, die das zu verantworten haben, haben nie den Film BThe Big Lebowski gesehen. Ein Fehler.
Also liebe Leute: Mir ist das alles vollkommen egal. Macht mit meinem Leichnahm, was ihr für richtig haltet. Aber macht es ordentlich.
Sehr lustig, lieber Lutz, ich grinse vor mich hin. Schön geschrieben! Merci dafür. Herzlicher Gruß aus dem zypriotischen Village … mal sehen ob ich einen Friedhof finde oder Kakteen.
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