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Die Trauerfeier fand drei Tage später statt. Jakob war nach der Nacht auf ihrer Couch wieder zurück in seine Wohnung gegangen und Katharina traf ihn auf dem Friedhof. Paula und Bruno hatten darauf bestanden mitzukommen. Jakobs Studienfreund Daniel war gekommen. Die beiden hatten während ihres Studiums gemeinsam in einer Band gespielt. Als sich Jakob auf Geriatrie spezialisiert hatte, entschied sich Daniel für die Dermatologie. Er schien der wildere von beiden gewesen zu sein. Durch das weiße Hemd, das er unter seinem schwarzen Anzug trug, schimmerten großflächige Tätowierungen, die im Nacken über seinen Hemdkragen, und an den Manschetten über seine Handrücken heraus zu kriechen schienen.
Weder Karl noch Jakob hatten Geschwister und so saßen sie zu fünft vor wenigen noch lebenden von Karls Freunden und einiger seiner früheren Nachbarn und hörten sich, von einem Pfarrer, dem Karl nie begegnet war, Karls Lebensgeschichte und vermeintlich tröstende Bibelstellen an.
Und Karl wollte Kylie Minogue hören, für die er immer eine Schwäche gehabt hatte. Als am Ende der Trauerfeier die ersten Takte von ‚I Should Be So Lucky‘ erklangen, waren einige der Trauergäste irritiert. Bruno und Paula fingen an zu kichern, der Pfarrer begann an seinem Rednerpult zu wippen und mit einer Hand den Takt zu schlagen, und Jakob, Katharina und Daniel sangen falsch, aber mit.
Der anschließende Trauerkaffee fand im Speisesaal des Kurstifts statt. Jakob hatte sich einige Tage frei genommen und war seit Karls Tod nicht mehr dort gewesen. Herr Bergmann kam dazu, kondolierte Jakob und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Nun konnte auch Paula Herrn Bergmann kennenlernen. Sie saßen zu sechst am Ende des Tisches bei wahlweise Kaffee, Tee oder Limonade und Streuselkuchen. Paula und Bruno erzählten Herrn Bergmann von Kylie und Bruno fragte Daniel, ob es sehr weh tue, sich tätowieren zu lassen. Seine Antwort, dass das auf die Körperstelle ankäme, führte in einen detailreichen anatomischen Diskurs, den Katharina mit dem Hinweis auf ihre Erziehungsberechtigung und Bruno mit einem: „Menno“ beendet.
