Und dann war da noch der Danzer, Georg. Der viel zu früh starb. Im Alter von nur 61 Jahren. Ob das viele Rauchen Schuld an seinem Lungenkrebs war, dem er letztlich erlag? Höchst wahrscheinlich.
Danzer sang von Freiheit, von Frieden, war ein Unangepasster, ein Sensibler.
Mal experimentierte er mit der Neuen Deutschen Welle, mal rückte er der Rockmusik näher, mal war er hochpolitisch, dann wieder mit Fendrich und Ambros sehr nah an der Popmusik.
Und immer wienerte er. Das Genre der in Mundart singenden Künstler, das in den 70er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts enorme Popularität erreichte, ist massiv geprägt durch die österreichischen Sänger wie eben Danzer, Mendt, Pluhar, Heller, Ambros, Hirsch und später Fendrich.
Große Bekanntheit gelangte Danzers zutiefst melancholisches Lied Des kaun do no ned ollas gwesen sein, das 1975 auf dem Album Ollas leiwaund erschien, durch die Verwendung im ersten Teil der österreichischen Kult-Krimi-Serie Kottan ermittelt. In der ersten Episode Hartlgasse 16a liegt es über dem Abspann und passt dorthin wie kaum ein anderes. 1976 wurde die Folge erstmals im ORF und 1980 im ZDF ausgestrahlt und verursachte einen Skandal. Aber das ist eine andere Geschichte.
Als Georg Danzer das Lied textete und komponierte, war er noch nicht einmal 30 Jahre alt. Nicht das Alter, um zu bilanzieren, nicht mal für eine Zwischenbilanz – und schon gar nicht das eigene Leben. Er tat es trotzdem. Was treibt einen in dem Alter an, sich Gedanken zu machen, ob das schon alles war, ob er vielleicht einfach das Leben zu leben vergessen hat?
Das ist schwer zu verstehen und letztlich auch nicht mehr zu beantworten. Denn der Dichter und Texter ist lange tot.
Viele Jahre später kombinierte Danzer in einem Live-Auftritt den Song mit Und der Himmel kommt unter die Räder, der 1989 auf der LP Rufze!chen erschien. Diese Kombi ist auf dem Album Sonne&Mond zu hören. Es ist eine perfekte Montage zweier Lieder und dieses Mal ist es in der Tat und ausdrücklich geprägt von dem Wissen, dass ma irgendwann geh muass:
Hier die Texte:
Des kaun do no ned ollas gwesen sein
Des kaun do no ned ollas gwesen sein
Da war do no was, des waß i ganz genau
Z′erst kummst auf die Welt
Und dann soll’st wieder geh′
Grad dann, wannst glaubst
Es fangt erst ollas au
Des kaund do no ned ollas gwesen sein
Na, na des kaun i afoch ned glaubn
Oder sollt‘ i vielleicht
Oder sollt‘ i vielleicht
Zum leb′n vergessn hab′n
Und der Himmel kommt unter die Räder
… und der Himmel kommt unter die Räder
und wir ham unser Wunder erlebt
weu was heut‘ kana wass
g’spürt bald jeder
wenn die Liebe sich wieder erhebt
es is guat wann ma wass, wo man hing’hört
wann ma’s ned wass, is a ned verkehrt
is nur blöd, wann ma dasitzt und trauert
weu des Traurigsein alles beschwert
und die Kinder, die spühl’n auf der Wiesn
und die Eltern, die schaun eana zua
und die Oid’n, de tramen von gestern
und die Jungen, die finden ka Ruah
es is umhamlich scheh so zu leben
es is umhamlich scheh auf der Wöd
is nua schad‘, dass ma irgendwann geh muass
is nua schad‘, dass a’m immer was föhlt …
2007 veröffentlichte Danzer, schon schwer krank, sein letztes Studio Album Träumer. Darin enthalten ist als allerletzter Song A letztes Liad. Und das meinte Danzer wörtlich. Es ist das letzte Lied, das er veröffentlicht hat, das letzte Lied, das er für seine Fans gesungen hat. Sein Abschied, sein Lied vom eigenen Sterben.
A letztes Liad
Hier der Text:
Amoi kommt der letzte Überflug
Amoi kommt der letzte Atemzug
Amoi fahrt die letzte Eisenbahn
Wann ma nimmer weiter kann
Muass ma afoch geh
Amoi kommt die letzte Überfuhr
Amoi hat a jeder trottel gnua
Amoi gengan alle türln zua
Und ma is a klana bua
Hat nix zum verlieren
I muass jetzt geh
′S tuat ma lad, es war scheh
I geh jetzt weg
Und I hau mi ins Eck
Amoi kommt der letzte Kokswaggon
Amoi spühst den letzten falschen Ton
Amoi kommt der letzte Schlussakkord
Auf den eh scho jeder wart
Und dann kann ma geh
I muass jetzt geh
‚S tuat ma lad, es war scheh
I geh jetzt weg
I geh fort in mei Eck
Nachtrag
Rainhard Fendrich widmete dem engen Freund Georg Danzer auf dem Album Meine Zeit 2010 das Lied Abschied, eine wunderbare und höchst einfühlsame Ballade. Ernst, melancholisch, traurig, aber nicht zornig, nicht anklagend – genau wie beim Danzer.
Hier der Text:
I kann mi ganz genau erinnern
Weil gar so lang is no net her
Wir Zwa san auf an Felsen g’sess’n
Und schauten schweigend raus auf’s Meer
Auf amoe sagst du ohne Warnung
So in die Brandung nebenbei
I hab heut mei Diagnose kriagt
I glaub, i glaub mei Lebe’n des is vorbei
I hab zuerst glaubt, i hör net recht
Auf amoe war ma richtig schlecht
So afoch wirft ma do sein Leb’n net hin
Zu weit ist heut die Medizin
Und wia i g’spia
Dass meine Tränen langsam kommen
Und i wird der Tränen nimmer Herr
Hast du nur gelacht, mei Hand genommen
Und hast g’sagt
„Verstraht’s mei Aschn übern Meer“
Was nachher kommen is
Des war a schwarer Kampf
Von Anfang hast du g’wusst:
Du wirst verlieren
Weu wenn es Zeit is
Und der Himmel amoe ruaft
Dann braucht ma si
Dann kann ma si net wehr’n
I sitz sehr oft auf unser’n Felsen
Und hab des G’fühl, du sitzt neb’n mir
Und man erkennt erst dann, wieviel auf amoe föt
Wenn a Freund, a Freund für immer geht
Wenn a Freund, a Freund für immer geht