Sagen Sie jetzt nicht, Sie wüssten ad hoc, was ein Kremulator ist. Das würde ich Ihnen im Zweifel eher nicht glauben. Aber bevor Sie jetzt Google bemühen, lesen Sie hier einfach weiter. Gleichzeiitg gebe ich zu: Ich wusste es auch nicht.
Der Kremulator ist ein Kunstwort und zugleich der Titel eines Romans des weißrussischen Autors Sasha Filipenko, der mittlerweile, weil ihm das Pflaster erst in Belarus, dann in St. Petersburg zu heiß wurde, in der Schweiz lebt.
Dort erschien dann auch in diesem Frühjahr sein Roman Kremulator der von Ruth Altendorfer aus dem Russischen übersetzt wurde.
Ich weiß, das hilft jetzt nicht wirklich weiter zur Beantwortung der Frage, was nun ein Kremulator ist. Also ein Blick in den Inhalt: Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Allgemein
Über Scherben laufen (Teil 1)
Er steigt auf den Stuhl und schiebt die Nase bis zur Scheibe nach vorn. Das Kinn liegt dabei auf dem schmalen Fensterbrett und wenn er den Kopf ein wenig nach hinten neigt, kann er den Himmel und die Baumkronen hinter der Mauer über den Stacheldraht hinweg sehen und auch das Gitter zerschneidet den Blick nicht. Im Gang wird der Wagen, mit dem das Geschirr eingesammelt wird, über den unebenen Boden geschoben und die Löffel klappern auf den unzerbrechlichen Tellern. Er trägt noch den Anzug, der einmal sein Glücksanzug war, seine Krawatte hat er wieder abgeben müssen. Die rechte Hand ist verbunden und er spürt den Schmerz nun wieder stärker pochen, nachdem die lokale Anästhesie langsam ihre Wirkung verliert, die ihm verabreicht wurde, um die tiefsten Schnitte zu nähen. Noch mehr Narben.
Als er nach so langer Zeit zum ersten Mal wieder alleine vor einem richtigen Spiegel stand und sich in die Augen sah, konnte er den Anblick nicht ertragen. Ihm war die Hand ausgerutscht, die zusammengeballte Hand. Der Spiegel konnte dem Schlag nicht widerstehen. Wieso hatte er nicht daran gedacht, eine der Scherben einzustecken? Einer seiner Kollegen brachte ihn auf Anweisung in die Notaufnahme. Die Schnitte wurden genäht und die Hand anschließend verbunden. Der Anzug hatte außer einem kleinen Blutfleck an der Unterseite der rechten Manschette nichts abbekommen. Er hatte ihm immer Glück gebracht, wenn er ihn trug. Bis zu dem Tag als eine Richterin und die beiden Schöffen ihm nicht glaubten und ihn für dreieinhalb Jahre hierher schickten. Nach zwei Dritteln der Zeit darf er nun tagsüber die Haftanstalt verlassen und arbeiten. Nicht in seinem Beruf. Seine alte Stelle ist längst wieder besetzt und eine Chance haben ihm nur wenige geben wollen. Genau genommen nur einer. Er hatte die Buchhaltung des kleinen Kurierdienstes und vielleicht nach der Einarbeitung auch die Dienstpläne machen sollen. Das war der ursprüngliche Plan. Als er blutend mit dem Kollegen vom Hof fuhr, rief man ihm hinterher, dass er morgen nicht und auch überhaupt nicht wiederkommen müsse.
Vor Gericht beteuerte er, dass er das alles nicht gewollt hatte und es ihm aufrichtig leid tue, was passiert sei. Sie glaubten ihm nicht. Nur seinem Geständnis, zu dem ihm sein Anwalt riet. Bis zu dem Tag, der zu seiner Verurteilung führte, waren nur gute Dinge passiert, wenn er den Anzug trug. Er war seine Rüstung gewesen. In ihm hatte er Eindruck machen und sich verstecken können. Er trug ihn, als er das letzte Mal befördert wurde. Und als er den neuen Dienstwagen abholte. Er trug ihn auch, als er Karina kennenlernte. Karina, die immer ein wenig zu laut, immer etwas zu spät und immer an den falschen Stellen lachte. Doch nie über ihn. Nur über seine Scherze und mit ihm, selbst wenn sie nicht verstand, worüber er sich amüsierte. Auch bei der Beerdigung seiner Mutter hatte er den Anzug an und bei seinen Gerichtsverhandlungen. Es ist offensichtlich, dass es sein Anzug ist, kein geliehener. Dass er ihn schon oft getragen hat und nicht nur, weil man das vor Gericht oder bei einer Trauerfeier eben tut. Er saß einmal so gut, als sei er für ihn gemacht worden, auch wenn er das nicht war. Er war nicht von einem Maßschneider für ihn geschneidert, doch passgenau geändert worden, ehe seine Sekretärin ihn in einem schwarzen Kleidersack mit der Aufschrift der Schneiderei für ihn abholte. Die Verpflegung während der Haft ist ungenießbar, weshalb er etwas abgenommen hat und der Anzug nun nicht mehr ganz so gut sitzt. Bis zu seinem Haftantritt trug er ihn immer mit teuren Krawatten und dazu passenden Einstecktüchern. Die Richterin und Schöffen konnte er damit nicht beeindrucken. Eine Krawatte liegt jetzt in seiner Kiste, in die er fast alle persönlichen Gegenstände legen musste, bevor er zum ersten Mal eingeschlossen wurde. Heute vor achthundertzweiundfünfzig Tagen.
(Die Geschichte wird fortgesetzt und kann auch auf https://einundzwanziguhr.blogspot.com/2022/11/uber-scherben-laufen-1.html jeweils zusammenhängend bis zum jeweiligen Veröffentlichungsstand gelesen werden)
Zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau
Heute vor 78 Jahren befreite die 7. US Armee das Konzentrationslager Dachau. Damit endete ein kaum vorstellbares Kapitel des Grauens, der Brutalität, Menschenverachtung, der Morde und Kriegsverbrechen, die die Deutschen während dieser Zeit begangen haben.
Es gilt, sich daran zu erinnern – nicht, um Verantwortung zu übernehmen für das, was war, das können und müssen wir Nachgeborenen nicht, wie es Max Mannheimer so trefflich formulierte. Aber die besondere Verantwortung, dass dies sich niemals wiederholt.
Mit Paul Celans „Todesfuge“ möchte ich an diese Verbrechen erinnern.
Im März 2023 habe ich das Lager nach sehr langer Zeit mal wieder besichtigt, meine Eindrücke habe ich in meinem eigenen Blog niedergeschrieben und dort auch eine längere Fotostrecke veröffentlicht. Daraus habe ich einige Bilder für diesen Beitrag entnommen. Weiterlesen
Ganz sicher
Sie hat seit Tagen mit niemandem gesprochen. Die Nachrichten reichen ihr, um ihre Gedanken zu beschäftigen. Und sie verwirren und verunsichern sie. Sie weiß nicht was sie glauben, denken oder tun soll. Und schon gar nicht was das Richtige wäre, das sie tun sollte. Sie will ihre Großmutter anrufen, sie hat immer eine Antwort. Und ohne weiter darüber nachzudenken, wählt sie ihre Nummer. Sie meldet sich wie immer, nur ihr Familienname. Und sie kann auch nicht sehen, wer sie anruft, weshalb sie sagt: ‚Ich bin’s‘, und ihre Großmutter antwortet nur mit: ‚Hallo mein Schatz‘.
‚Wie geht es Dir? Passt Du gut auf Dich auf?‘, will sie wissen.
‚Aber sicher‘, entgegnet ihre Oma.
‚Was passiert da jetzt?‘, fragt sie dann. ‚Was müssen wir jetzt machen?‘.
‚Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass es eine schlimme Grippewelle gab. Nach dem ersten Krieg. Sie mussten fast ein Jahr zu Hause bleiben. Hatten keine Schule und man hat allenfalls die eigene Familie treffen können. Nach einem Jahr war es wieder weg. So wird das auch sein. Kann ja nicht anders.‘
‚Und wenn doch?‘, fragt sie. ‚Kann man das länger aushalten?‘
‚Sicher, müssen wir ja dann.‘
‚Kann ich zu Dir kommen?‘
‚Sicher‘.
Sie legt auf, und das Gefühl zu ihr zu fahren, von ihr in den Arm genommen zu werden, mit ihr am Küchentisch zu sitzen und dabei Nachrichten zu schauen, beruhigt sie.
Und dann erinnert sie sich, dass sie nicht mehr da ist. Sie ist weg, seit elf Jahren. Doch für sie, ist sie immer noch da. Sekundenweise, um dann zu bemerken, dass sie nicht mehr anrufen kann, nicht reden oder umarmen. Doch mit ihr sprechen kann sie noch. Und spüren, dass es sie gegeben hat. Auch wenn es sich merkwürdig anfühlt, nach all der Zeit. Sie hat sich nicht verändert, sie ist noch immer, wie sie war. So wie sie war, bevor sie krank wurde. Sie versteht sie immer, sagt jedes Mal etwas Hilfreiches und immer das Richtige. Selbstverständlich will sie mit ihr reden und selbstverständlich tut sie es. Wenige Augenblicke in denen sie die Realität vergessen und sich aufgehoben fühlen kann. Und mit den Jahren hat sie verstanden, auch diesen Schmerz zu verdrängen, den sie empfindet, wenn sie merkt, dass sie eben doch nicht mehr da ist und sie kann die Bruchteile von Sekunden genießen, in denen sie darauf vertrauen kann, ihr trotzdem begegnen und sicher sein zu können. Ganz sicher, ohne darüber nachzudenken.
Luftschlangen
An diesem Tag habe ich vielleicht unter dem Tisch gesessen. Vielleicht ist es auch ein Abend gewesen und vielleicht bin ich auch oben auf der Treppe gewesen, weil ich schon ins Bett gebracht worden bin und schlafen sollte. Bestimmt haben sie auch mal gelacht an dem Tag oder Abend. Nur auf dem Foto nicht, das an der Pressspanwand herunter rutscht, als ich die Regalböden leere von dem sie mich jetzt ansehen. Alle, nur sie nicht. Sie sieht am wenigsten froh aus. Bei den anderen könnten die Luftschlangen und der Alkohol gewirkt haben, bei ihr nicht. Dafür haben bei ihr die Zigaretten den weitreichendsten Effekt gehabt. Sie hat früh alt ausgesehen und ist auch als erste gestorben. Auf den Fotos sieht sie aus, als hätte sie das schon damals nicht verstanden und ungerecht gefunden. Sie ist die einzige, die in eine andere Richtung schaut, oder wie ich lange geglaubt habe, jedenfalls nicht mich ansieht. An dem Tag oder Abend, unter dem Tisch oder oben an der Treppe, habe ich sie auch nicht wirklich gesehen, alle nicht. Doch gehört, reden, lachen, diskutieren, die Gläser haben geklirrt und sind auf der Marmorplatte des niedrigen Couchtischs, unter den ich damals gepasst habe, abgestellt und hin und her geschoben worden, das Rädchen der Einwegfeuerzeuge, die Korken der Wein und Weinbrandflaschen und das scheinbar genüssliche Ein- und Ausatmen beim Rauchen. Ich meine all das heute noch zu hören und die dicke Luft zu riechen, die 8×4 und Grüner Apfel Shampoo im Laufe des Abends aus dem Wohnzimmer mit der niedrigen Kassettendecke vertrieben hat. Was ich gedacht oder gefühlt habe, weiß ich nicht mehr. Ganz sicher etwas ganz anderes als jetzt gerade, wo ich weiß, was ich weiß und ahnen hab’ ich das nicht können, oder hab’ ich? Jetzt würde ich ihr wünschen, noch da zu sein. Und dass sie an dem Tag oder Abend mehr Spaß gehabt hätte, sie auch eine Luftschlange um den Hals oder auf der Frisur gehabt hätte, ihr das nicht zu albern gewesen wäre und der Alkohol und die Zigaretten nicht notwendig für eine Sause. Dass sie ein Bild oder eine Fototapete auf die leicht vergilbte Wand geklebt und vielleicht andere oder mehr Freunde gehabt hätte, mehr jedenfalls als auf dem Foto oder als zu ihrer Beerdigung gekommen sind. Ob sie auch all das bedauert hat und wenn nicht, was dann, hab’ ich sie nie gefragt. Vielleicht ist alles so gut für sie gewesen. Es hat sich ja gut angehört an dem Tag oder Abend für mich. Doch heute sieht es nicht mehr gut aus. Ich lege das Foto zu den Büchern und den kitschigen Glasfiguren, die ich ausräume und die sie irgendwann begonnen hatte zu sammeln, bis zwei Regalböden voll damit gewesen sind und sie zu sammeln aufgehört hat und sie mit großer Regelmäßigkeit und Hingabe abgestaubt hat. Sogar Staubtücher die ausschließlich für die dünn geblasenen Schwäne, Ponys, Kätzchen und Spatzen verwendet worden sind, hat sie angeschafft. Alles liegt jetzt in den Kisten, die unter und auf dem Couchtisch stehen und morgen abgeholt werden.

In der Mühldorfer Hart
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der vierteiligen Serie In der Mühldorfer Hart, die ich im März 2023 auf meinem Blog veröffentlicht habe. Wer weiterlesen und tiefer in die Thematik eintauchen möchte, findet unter diesem Link alle Teile, meine Eindrücke und viele Bilder.
Ein Vogelzwitschern hier und dort in den Bäumen, die Sonne hat den Hochnebel erfolgreich zurückgedrängt, es liegt so etwas wie Frühling über der Mühldorfer Hart. Zumindest kann man ihn erahnen. Die Mühldorfer Hart ist ein etwa 1100 Hektar großes Waldstück, zumeist mit Fichten und Kiefernbestand, ein Wald, der wie so viele, gerade im Umbau befindlich ist. Nadelgehölze werden ausgeschlagen, junge Buchen wachsen, Birken und Schwarzerlen.
Hin und wieder bellt ein Hund, ein fernes Grummeln am Himmel erinnert daran, dass der Münchner Flughafen nicht allzu weit entfernt ist.
Ansonsten Stille. Friedliche Stille. Ein Wald im März.
Idylle pur. Weiterlesen
100 Songs: Claude François – Comme d’habitude (1967)
1967 veröffentlichte Claude François in Frankreich das Chanson Comme d’habitude. Für Text und Musik verantwortlich waren Claude François, Jacques Revaux und Gilles Thibault. Ein Riesenerfolg wurde es nicht. Zumindest nicht in dieser Fassung.
Es sollte wie so oft noch eine Weile dauern und der Song einen Umweg über Amerika nehmen, bis er zu einem Welthit wurde: My Way. Seitdem haben ihn unzählige Künstler*innen gecovert, neu interpretiert, er gehört sicher zu den bekanntesten Liedern der Welt, nicht zuletzt, weil viele Entertainer es zum Abschluss ihres Live-Auftritts gesungen haben. Allen voran der unvergessliche Frank Sinatra. Es wird Zeit, auch dieses Lied hier im Blog näher vorzustellen. Weiterlesen
Federleicht
Wenn sie nicht bei ihm ist, ist sie für ihn viel präsenter. Dann trägt er sie andauernd in seinem Kopf mit sich herum, kann sie augenblicklich sehen, wenn er das will, ist voller Ideen und Vorfreude darauf, dass er sie irgendwann wieder berühren kann, sie umarmen und seine Stirn gegen ihre legen kann. Wenn sicher wäre, dass sie keinesfalls zurückkäme, weil sie gar nicht zurückkommen könnte, ginge das nicht mehr. Deshalb müsste er wissen, wenn sie nicht nur gerade nicht da, sondern für immer fort wäre. Wenn es keine Möglichkeit, gar keine, gäbe, dass sie einmal wieder da sein könnte.
„Versprich mir, dass ich erfahre, wenn Du tot bist“, hat er ihr gesagt.
Sie hat gelacht und gefragt, ob er auch wissen wolle, wenn sie sterbe oder ob eine Mitteilung danach ausreichend sei. Er hat sie gebeten, ihn ernst zu nehmen und versucht ihr zu erklären, warum er wissen müsse, wenn sie tot sei. Weil er dann Abschied nehmen müsse, für immer und nicht nur ein paar Stunden oder Tage, von seinen Hoffnungen, weil er dann keine mehr haben könne. Sich nicht mehr vorstellen könne, wie sie sich das nächste Mal begegneten. Er sich dann sicher sein könne, dass sie auch bei niemand anderem wäre und ganz egal wer sie sonst nicht geliebt habe, ihr das niemand mehr zeigen und niemand es sie noch spüren lassen könne. Er könnte dann anfangen aufzuhören sie zu lieben. Vielleicht würde er ruhiger werden. Das ginge nicht, wenn die auch nur ganz entfernte Möglichkeit bestünde, dass sie wieder käme oder sie sich noch einmal sehen könnten, irgendwann.
„Wäre es nicht schöner, wenn Du immer noch an diese Möglichkeit glauben könntest?“, hat sie von ihm wissen wollen und er hat schlicht „Nein“ gesagt.
„Wieso nicht?“, fragt sie nach.
„Weil es mir unerträglich erscheint, die Möglichkeit theoretisch schon doch praktisch nie zu haben. Weil Dich schon andere lieben und Du meine Liebe nicht brauchst. Ich Deine schon.“
„Zu wissen, dass ich tot bin, ist leichter für Dich?“
„Ja. Wenn Du wirklich tot bist. Dass Du dann tot bist, wird nicht leicht sein. Doch zu wissen, dass Du nicht wegen mir oder dem was ich fühle nicht zurückkommst, das wäre leichter.“
„Ich kann Dich nur verlassen, wenn ich sterbe?“
„Sonst bist Du immer noch da. Auch wenn Du nicht bei mir bist.“
„Ich will Dich nicht verlassen. Auch nicht, wenn ich tot bin. Vergiss das nicht, nie.“
„Sag’ mir, wenn Du tot bist!“
https://einundzwanziguhr.blogspot.com/2023/01/federleicht-romantischer-versuch.html
100 Songs: Bert Brecht/Paul Dessau – Lied der Mutter Courage (1941)
Heute, am 24.02.2023 jährt sich zum ersten Mal der Tag, an dem Russland seinen Nachbarn, die Ukraine überfiel und das Land mit Krieg, Terror, Mord, Vergewaltigungen, Plünderungen und vielen anderen Verbrechen überzog. Die Bilanz des Krieges, der eigentlich nach Putins Vorstellungen nur ein paar Tage dauern sollte: Weit über 100.000 Tote, mindestens 15.000 vermisste Menschen, über 14 Millionen Menschen auf der Flucht. Unzählbar die Menge der Verletzten, Verwundeten, Verstörten.
Eine Ende ist nicht abzusehen und die Perfidie bei dem, was dort geschieht, scheint keine Grenzen zu kennen.
Nein: Es nützt nichts, dagegen anzusingen, dagegen anzubloggen, dagegen anzudichten und zu schreiben. Auch nicht, gegen den Krieg auf dem Theater zu spielen.
Es ändert nichts. Es ändert nicht mal unser Bewusstsein, denn der Krieg ist in allen klassischen, analogen, digitalen und sozialen Medien allgegenwärtig, auch wenn der Fokus dort hin und wieder auf anderen Inhalten liegt; wir alle wissen, sofern wir es denn wollen, was am Ostrand Europas stattfindet. Und nicht nur dort: Krieg und Elend, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen Menschenwürde und -rechte werden Tag für Tag gemeldet. Aus vielen Ländern. Weiterlesen
Herzen auf dem Friedhof
Heute ist Valentinstag, Herzen überall seit Wochen. Auch bei meinen Friedhofsspaziergängen sind mir immer wieder welche ins Auge gefallen, von schlicht bis bunt.


Bei uns heute ist der Valentinstag mehr oder weniger ein Wirtschaftsfaktor. Seine Ursprünge hat dieser Tag wohl schon sehr viel früher. Allerdings weiß man nicht genau welche. Eine Erklärung knüpft an die römische Götterwelt an. Im alten Rom gedachte man am 14. Februar der Göttin Juno, die als Schützerin von Ehe und Familie galt. Die Frauen bekamen Blumen geschenkt. Diese Verehrung ging dann auf den Valentinstag über. Aber wer genau war dieser Valentin? Und was hat er mit der Liebe zu tun? Auch das setzt sich aus mehreren Legenden zusammen. Eine besagt, dass im frühchristlichen Rom ein gewisser reicher Valentin eine Kirche bauen ließ, die nach ihm benannt wurde; und einer der Geistlichen dieser Kirche war ein besonders warmherziger und hilfsbereiter Mensch. Er soll für Rat- und Trostsuchende immer ein offenes Ohr gehabt und sich auch bei Beziehungskrisen gekümmert haben. Eine Art frühchristliche Paarberatung sozusagen. Eine andere Legende sagt, dass er seinen Klienten und anderen auch Blumen aus dem Kirchgarten schenkte.

Die Bräuche der Liebesbriefe und Geschenke kamen wohl erst mit dem Mittelalter auf: So hieß es, ein Mädchen werde den heiraten, den es am Valentinstag als ersten Mann erblickt; heiratswillige Männer verteilten deshalb möglichst früh am Morgen Blumensträuße an die in Frage kommenden Frauen. Auch anonym Liebesbriefe oder Herzen an den heimlichen Schwarm zu schicken, war länger Brauch, vor allem in England und Nordamerika. Hierzulande und heute schenkt man seinem Lieblingsmensch Blumen, Essenseinladungen oder auch mal außergewöhnliche Dinge wie Ballonfahrten zu zweit oder Wellnessevents. Diese Kommerzialisierung ist für viele der Grund, den Valentinstag zu ignorieren. Aber das ist eigentlich schade. Gerade in harten Zeiten kann man nicht oft genug nett zueinander sein. Liebe und Zuneigung ist ja nicht an teure Geschenke geknüpft, Erinnerung schon mal gar nicht.
Weiterlesen