Sargträger: Dieser Beruf hat einen schlechten Ruf

… denn die Menschen meinen, sie sähen nur Tote. Das ist nicht der Fall. Man sieht nur einen Sarg oder eine Urne. Vom Toten erfährt man lediglich den Namen und die Lebenszeit, die auf dem Kreuz stehen. Ein Sargträger verdient ca. 30 Euro pro Bestattung. So steht es zumindest in einem sehr interessanten Interview in der letzten Sonntags FAZ: Ich fiel kopfüber ins Grab.

Der Theater- und Fernsehschauspieler Oliver Fleischer wird interviewt, weil er als Nebenjob Sargträger ist. „Ich habe in Wuppertal getragen“ und trägt jetzt in einigen Städten in Nordrhein-Westfalen.

Oliver Fleischer erzählt, dass er oft alleine mit dem Sarg oder der Urne ist, weil es entweder keine Angehörigen gibt oder diese die Beisetzung nicht bezahlen können. Und er verhält sich mit Respekt und Demut vor dem Leben, mit schwarzem Anzug und weißem Hemd – auch wenn ihm niemand bei so einer einsamen Beerdigung zusieht.

Ich musste teilweise laut lachen beim Lesen über die kleinen Episoden, die so passieren können beim Sarg tragen oder Sarg herablassen. Der Schauspieler erzählt sehr witzig, auch wenn es sehr schmerzhaft war, dass er mal in ein ausgehobenes Grab fiel – er wollte nachsehen ob alles in Ordnung sei für die Beisetzung. Als er aus dem Grab herauskrabbelte sah dies eine alte Dame, die ein Grab besuchen wollte. Sie drehte sich um und ging fluchtartig davon. „Wahrscheinlich ist sie zum Grab ihres Mannes hin und sagte: Bleibe bitte wo du bist“.

„Der Untertitel der FAZ-Story: Der Schauspieler Oliver Fleischer arbeitet im Nebenberuf als Sargträger. Das klingt bedrückend. Dabei ist es manchmal sogar schwer, nicht zu lachen“.

Das Interview ist zu hier zu lesen.

Beim Bundesverband deutscher Bestatter gibt es diese Informationen zum Beruf des Sargträgers.

Aschermittwoch. Fastenzeit: ohne Schminke

Heute ist Aschermittwoch (Hier auf der Seite von „Andere Zeiten“ schön erklärt). Ich habe geschaut, ob in einer der hiesigen Kirchen ein Gottesdienst stattfindet fürs Aschekreuz auf der Stirn. Traditionell werden während der Zeremonie folgende Worte gesprochen:

»Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.« Wir werden eingeladen, uns an unsere Endlichkeit zu erinnern. (Inspiriert von „die Fastenbroschüre 7 Wochen anders leben“ vom Andere Zeiten Verlag)

Und mit dem heutigen Tag beginnt die Fastenzeit bis Ostern. Das Wort „fasten“ stammt vom althochdeutschen „festhalten, beobachten“. Damit ist das Festhalten an Regeln und die Beobachtung des eigenen Ich gemeint.

In Basel fotografiert … ein Haarsalon: Art of Hair

Ich lade ein für einen Moment innezuhalten heute mit der Frage: Willst Du die nächsten sieben Wochen – nämlich in der Fastenzeit – etwas weglassen oder etwas Neues ausprobieren? Willst Du einen kleinen Teil deines Alltags – im Hinblick auf deine Vergänglichkeit – anders gestalten?

Meine Gedanken zum heutigen Tag und zu den folgenden Wochen: Es ist mal wieder Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Leben ist endlich. Ist mir ja nicht neu :-). Aber eine Zeitlang bewusst darüber zu schreiben oder zu denken? Ja warum nicht. Ich mache das mit der folgenden Idee: Ich will ausprobieren, mich die nächsten Wochen nicht zu schminken. „Zeig‘ Dich wie du bist, ohne Rouge, ohne Lippenstift, Kajal oder Wimperntusche“. Uiii, das ist mal eine Herausforderung. Denn ich schminke mich eigentlich täglich.

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Das letzte Hemd – Haus am Dom in Frankfurt – noch bis 26.2.

Wir hängen: Im letzten Hemd – im Haus am Dom in Frankfurt oder
„Stell Dir vor, Du bist tot“

„Wie kam es eigentlich, dass wir uns in unserem Totenkleid fotografieren ließen?“, überlegten Annegret und ich während der Vernissage letzte Woche zur Ausstellung „Im letzten Hemd“ im Frankfurter Haus am Dom. Die Antwort ist einfach: Wir wurden eingeladen. Wir hatten den Totenhemd-Blog frisch am Start, als uns eine Mail über Sinn und Zweck der Aktion „Im letzten Hemd“ informierte. Wir überlegten nicht lange und waren mit dem, was wir auf unserer letzten Reise einmal tragen würden zum Fotoshooting angereist. Ihr erinnert euch an unsere Blogartikel, die ich weiter unten verlinke.

Annegret und ich suchten in der Ausstellung erst einmal unsere Fotos und fanden sie schnell. Es war ein besonderer Moment für uns, die Aufnahmen nun in Originalgröße bewundern zu können. Ich bin im Hochzeitskleid gekleidet mit roter Jacke aus Hong Kong, auf der das chinesische Zeichen für Glück zu sehen ist. Wir machten schnell einen Schnappschuss von uns und schon ging die Veranstaltung los. 

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Friedhofshochhaus in Santos: Pelés letzte Ruhestätte

Pelé fand seine letzte Ruhe im sogenannten „vertikalen Friedhof“ in Santos. Da spitzte ich meine Ohren. Vertikaler Friedhof?! Was ist das? Habe ich noch nie gehört.

Es wurde Zeit mal zu recherchieren was es damit auf sich hat. Ich wusste nicht, dass es Friedhofshochhäuser dieser Art gibt. Und dann auch noch so chic. Das was ich sehe gleicht einem 5-Stern-Hotel.

Es gibt wohl keinen besseren Platz und Blick für Pelé mit Blick auf das Fußballstadion seines Vereins in Santos! Es ist das Friedhofshochhaus Memorial Necrópole Ecumênica, in dem er in der neunten Etage in einer Grabkammer seine letzte Ruhe fand. Ich wusste bisher nichts von diesem meist besuchten “Spot” auf der Welt. Er wurde nämlich auf dem 2015 stattfindenden Weltfriedhofstreffen als “international meistbesuchter Friedhof” ausgezeichnet. Das Haus sieht aus wie ein normales Wohngebäude: 14 Stockwerke, helle Fassade, durch Balkone locker gegliedert.

“Das 1983 erbaute Haus hat 18’000 Grabkammern. Jede einzelne bietet Platz für maximal sechs Tote. Die Preise sind nach Etagen gestaffelt. Unten finden sich die günstigeren Kammern, nach oben wird’s teurer. Wegen der schönen Aussicht”.

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19.11. Petra: Ausrangiert

Vor wenigen Minuten hatten sie Blumen in bunten Herbstfarben für eine Pflanzschale bestellt. Für Montag. Da soll die Beerdigung stattfinden. Das Trauergesteck mit den grünen Textfahnen und der silberfarbenen Schrift wird eine Geste sein, dass sie vier an ihn denken. Ein liebevoller Gruß für die letzte Reise. Viele Jahre haben sie mit ihm im gleichen Haus gelebt. Er war ihr Nachbar.

Sie genossen das gemütliche Ambiente im angrenzenden Café. Es fiel spätsommerliches Herbstlicht durch die geöffneten Glasscheiben. Die Sonne brannte. Der Kuchen schmeckte lecker. Es war viel los. Die Menschen zog es ins Freie. Eine Trauergesellschaft löste sich auf.

Am Nebentisch hörten sie wie eine Frau ins Erzählen kam. „Ich hab heute das blau-weiß karierte Hemd meines Vaters aus meinem Kleider- in den Flurschrank gehängt. Was soll dieses Hemd in meinem Schrank, dachte ich? Viel zu nah dran an meiner Garderobe.

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9.11. Monika. Federkleid

Als Kind hörte ich, dass Indianer nach ihrem Tod in einem Baum zur Ruhe gebettet werden. Diese Vorstellung fand ich toll. Eingehüllt in eine wunderschöne Indianertracht mit bunten Federn geschmückt und verbunden auf Ewigkeit mit der Natur.

In unserer Kultur kann man so was ja nicht machen, der tote Körper im Baum. Die Kraft der Gedanken ist dennoch groß.

Weil ich so naturverbunden bin schicke ich gedanklich mein Totenhemd ‚Indianertracht‘ auf eine Reise zu den schönsten Naturplätzen, die ich in meinem Leben bis jetzt sehen konnte.

Es flattert durch die Luft wie ein bunter Vogel, vorbei an den tiefblauen Seen Schwedens, über die Bäume des Indian Summers in Kanada, streift die hohen Wasserfälle Islands, ruht sich kurz aus an den Palmen gesäumten Stränden der Karibik, schafft es dann auch noch zu den tierreichen Steppen Tansanias und kommt dann irgendwann zu mir und umhüllt meinen Leib mit ganz vielen Erinnerungen.

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Moni ist meine Schwester. Ich freue mich, dass sie mitgeschrieben hat. Danke, Moni ❤️.

„Und es leuchteten die Sterne“ Friedhofspaziergang auf dem Hönggerberg

Meine Schreibfreundin aus Cornwall erzählte mir vom schön gelegenen Friedhof Hönggerberg. Letzte Woche spazierten wir gemeinsam in die Höhe und ich entdeckte einen herbstlich farbenfrohen Friedhof in Zürich Höngg.

Mariella zeigte mir das Familiengrab. Aus Puccinis Oper Tosca ziert den Grabstein die italienische Textfassung: „E lucevan le stelle“ (und es leuchteten die Sterne). Die Familie liebt Musik: es wird und wurde gesungen oder Instrumente wie Geige oder Klavier gespielt. Wie schön und wie passend dieser Grabstein ist!

Der Friedhof liegt relativ klein auf einer Anhöhe mit Blick in die Stadt. Allerdings wird der Blick durch zahlreiche Bäume und Sträucher verdeckt.

Tiere, Blumen oder Instrumente sind oder zieren die Grabsteine aus Holz oder Stein.

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Die Queen ist tot

Dieses Foto habe ich gestern am 8. September um 18.08 Uhr geknipst und einer Freundin geschickt. In der Chorprobe, die um 19.30 Uhr begann erreichte mich in der späten Pause von einer Mitsängerin die Nachricht, dass die Queen gestorben ist. Meine Nichte postete in unserer Familiengruppe: Die Queen ist tot.

dieses Foto entstand in Frankfurt gestern um 18.08 Uhr

Im Chor singen und proben wir für unsere Chorkonzerte in zwei Wochen Felix Mendelssohn Bartholdys Lobgesang (op. 52). Im Schlusschor des ersten Teils singen die Sopranistinnen „die Erde“, der Bass „die Völker“, wir im Alt „der Himmel“ und die Tenöre „Ihr Könige“ immer abwechselnd.

Danket dem Herrn und preiset seine Herrlichkeit. Lobe den Herrn. Halleluja.

Wir vom Totenhemd-Blog sind traurig und schauen in den Himmel und wünschen
Queen Elizabeth eine gute letzte Reise.

In mir singt es immer wieder „Der Himmel“ …. „Die König*in“.

Lesetipp: Vom Leben getragen

Ich freue mich, dass mich der Mabuse-Verlag auf dieses Buch aufmerksam gemacht hat. Im Vorwort „Mit unserer Liebe für die Toten“ steht: In kaum einem anderen Land Europas ist der Tod so ein Tabuthema, so angstbesetzt und so ins schwermütige Dunkel verdrängt wie hier. Das Glück, eine große Gemeinschaft um sich zu haben, die unterstützt und mitträgt, einander den Rücken freihält für das Wesentliche und tatkräftig mit begleitet, ist bis heute für die meisten Menschen, nicht nur in schweren Situationen, die Ausnahme.

Der Bestatterin ist der liebevolle Schutz für verstorbene Frauen und Kinder ein besonderes Herzensanliegen.

Das Buch wird hier auf der Seite des Verlags vorgestellt.

Die Autorin Ajana Holz ist Bestatterin mit Leib und Seele. Mit ihrem bundesweit mobilen Bestattungsunternehmen DIE BARKE begleitet sie seit über 20 Jahren die Toten in ihrem Übergang und die Lebenden beim Abschied und in ihrer Trauer. In diesem Buch widmet sie sich den vielen tabuisierten Themen rund um Tod und Bestattung.

Wie gehen wir als Gesellschaft mit unseren Toten um oder: Welchen Umgang lassen wir zu? Ist unser Körper „nur eine Hülle“? Und welche Folgen hat diese Annahme? Was ist alles bei einer Bestattung zu bedenken, was ist erlaubt und was nicht? Und was sollte sich daran ändern? Wie war unsere Bestattungskultur früher? Wie ist der professionelle Umgang heute?

Das Buch ist in folgende Kapitel aufgeteilt:

Mit unserer Liebe für die Toten …

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Und weiter geht’s mit der Debatte. Gut sterben. FAS Artikel vom 5. Juni.

Kaum waren die drei Seiten in der Sonntags FAZ veröffentlicht, ich hatte den Artikel hier im Blog erwähnt, wurde die Debatte im Bundestag aufgegriffen.

im Trebah Garden Cornwall – fotografiert

Zwei Wochen später erscheint wieder in der Sonntags FAZ – diesmal prominent auf der dritten Seite der Artikel „Gut sterben“ – wurde aktualisiert mit der Überschrift: „Herr Wörner sucht den guten Tod“. Es wird Ottmar Wörner vorgestellt, der sterben will, bevor er zum Pflegefall wird oder vor Schmerzen umkommt. Da kennt er einige Beispiele und es gruselt ihn so zu enden wie z.B. sein bester Freund. Herr Wörner ist 87 Jahre alt und er weiß, was er will und lässt sich davon auch nicht abbringen. Für ihn steht fest, es muss ein selbstbestimmter Tod sein, den er sterben möchte.

Das Bundesverfassungsgericht entschied 2020, dass sich jeder töten darf, und das jederzeit, in jeder Lage. „Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist nicht auf fremddefinierte Situationen wie schwere oder unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Es besteht in jeder Phase menschlicher Existenz“, heißt es im Urteil. „Das Recht, sich selbst zu töten, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“, urteilten die Richter.

Und nun ist der Gesetzgeber an der Reihe, die Sterbehilfe zu regulieren. Noch gibt es kein Gesetz, nur den Richterspruch vom Bundesverfassungsgericht. Viele Menschen wissen nicht, dass der assistierte Suizid inzwischen in Deutschland möglich ist. Es ist in keiner Weise ein „Graubereich“, stellt der Geschäftsführer der DGHS, Johannes Weinfurter, klar.

Die DGHS, die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben, hatte ich in meinem letzten Artikel bereits erwähnt. Wenn man telefonisch den Wunsch äußert, dass man sterben möchte, erhält man zwei DIN-A4-Seiten, die darüber informieren, was nötig ist. Sechs Monate Mitgliedschaft sind Voraussetzung, dann darf man ein sogenanntes Motivationsschreiben schicken mit seinem Sterbewunsch.

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