Ein Nachklingen: Totenhemd meets Prosa

Schon tönt überall Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern. Deshalb heute bevor das leise Summen unserer November-Blogaktion untergeht: Dankeschön an alle, die mitgewerkelt und mitgeschrieben haben. Schönes, Skurriles, Lustiges habt Ihr uns zum Lesen geschickt. Manchmal schräg, manchmal holprig, manchmal bitterböse. Ihr ward pünktlich mit Euren Beiträgen, das hat es mir sehr vereinfacht.

Bei einigen war ich streng, da waren die Voraussetzungen nicht erfüllt. Nichts für ungut, nächstes Jahr gibt es eine neue Chance: Wir wollten Prosa und das „Totenhemd“ im Text. Gut, dass mich meine Schwester an unseren Aufruf erinnerte: „da steht freestyle“.

„Kurz und schlicht,
freestyle,
gerne auch: slammig oder als Elfchen,
humorvoll, träumerisch, skurril,
ein Spiel mit Worten.“

Und nun beginnt die Adventszeit. Wir sagen Tschüss den Totenköpfen und den Totenhemden. Ich räume den bunten November-Altar auf und verstaue die Totenkopf-Musikanten und die orangefarbenen Papierblumen. Jetzt pirsche ich mich an die Adventszeit heran.

Habt eine gute Zeit, Ihr lieben Schreiberinnen und Geschichtenerzähler. Wir lesen uns im nächsten Jahr wieder. Lutz war schon ganz fleißig und wird uns bald mit seinen Texten erfreuen.

Macht’s gut. Habt eine ruhige Adventszeit. Hier erscheint übrigens am 8. Dezember eine Adventüde von mir. Die Adventüden werden täglich neu erscheinen – wie in einem Adventskalender bei Christiane. In ihrem Blog „Irgendwas ist immer“. Die ersten zwei Kurzgeschichten sind schon zu lesen und sehr sehr lesenswert. Schaut mal rein.

19.11. Petra: Ausrangiert

Vor wenigen Minuten hatten sie Blumen in bunten Herbstfarben für eine Pflanzschale bestellt. Für Montag. Da soll die Beerdigung stattfinden. Das Trauergesteck mit den grünen Textfahnen und der silberfarbenen Schrift wird eine Geste sein, dass sie vier an ihn denken. Ein liebevoller Gruß für die letzte Reise. Viele Jahre haben sie mit ihm im gleichen Haus gelebt. Er war ihr Nachbar.

Sie genossen das gemütliche Ambiente im angrenzenden Café. Es fiel spätsommerliches Herbstlicht durch die geöffneten Glasscheiben. Die Sonne brannte. Der Kuchen schmeckte lecker. Es war viel los. Die Menschen zog es ins Freie. Eine Trauergesellschaft löste sich auf.

Am Nebentisch hörten sie wie eine Frau ins Erzählen kam. „Ich hab heute das blau-weiß karierte Hemd meines Vaters aus meinem Kleider- in den Flurschrank gehängt. Was soll dieses Hemd in meinem Schrank, dachte ich? Viel zu nah dran an meiner Garderobe.

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17.11. Anja: Totenhemd – ist das Prosa oder kann das weg?

„Das macht sie nicht… Oder?!?“ etwas nervös hört man die Stimme…

„Neeein, das macht sie nicht.“ tönt es beruhigend zurück.

„Das macht sie NICHT!!!“ etwas lauter.

„Nein, nein, natürlich nicht, das würde sie nie tun…“ wieder beruhigend…

„Lasst mich mal durch, ich kann gar nichts sehen… Ach, schau, die Anja habe ich ja lange nicht gesehen. Gut sieht sie aus, so fröhlich.“

Hier bei Anja weiterlesen.

15.11. Sarah Bernhardt T arnkleidung

T arnkleidung
O hne
T aschen
E nthält
N notwendigerweise
H eute
E in
M ahnendes 
D ennoch

***

Danke Sarah!

Ich hatte bei der Gelegenheit bei uns geschaut, ob Du einen Blog schreibst. Dabei habe ich diesen wunderbaren Text von dir entdeckt: Es geht.

13.11. Hiltrud: Oh du mein Totenhemd

O du mein totenhemd

Strick ich’s totenhemd, strick ich’s totenhemd schon freu ich mich auf dich. O du mein totenhemd, mein totenhemd, mein totenhemd, o du mein totenhemd, mein totenhemd bist du!

Seh ich’s totenhemd, seh ich’s totenhemd verlieb ich mich in dich. O du mein totenhemd, mein totenhemd, mein totenhemd, o du mein totenhemd, mein totenhemd bist du! Hier bei Hiltrud weiterlesen.

Text und Musik: Verfasser unbekannt Volkslied aus Berlin, in vielen Varianten verbreitet nach dem Bauerntanz „Jetzt tanzt Hannemann.“

Mein Beitrag zur November-Blogaktion 2022 „TOTENHEMD“ trifft auf PROSA.

„LIED“ ist meine Textform.

*** Liebe Hiltrud, das ist ja mal eine Idee!! Ein Lied nach einem alten Bauerntanz. Tanzen wir eine Runde? 🙂

9.11. Monika. Federkleid

Als Kind hörte ich, dass Indianer nach ihrem Tod in einem Baum zur Ruhe gebettet werden. Diese Vorstellung fand ich toll. Eingehüllt in eine wunderschöne Indianertracht mit bunten Federn geschmückt und verbunden auf Ewigkeit mit der Natur.

In unserer Kultur kann man so was ja nicht machen, der tote Körper im Baum. Die Kraft der Gedanken ist dennoch groß.

Weil ich so naturverbunden bin schicke ich gedanklich mein Totenhemd ‚Indianertracht‘ auf eine Reise zu den schönsten Naturplätzen, die ich in meinem Leben bis jetzt sehen konnte.

Es flattert durch die Luft wie ein bunter Vogel, vorbei an den tiefblauen Seen Schwedens, über die Bäume des Indian Summers in Kanada, streift die hohen Wasserfälle Islands, ruht sich kurz aus an den Palmen gesäumten Stränden der Karibik, schafft es dann auch noch zu den tierreichen Steppen Tansanias und kommt dann irgendwann zu mir und umhüllt meinen Leib mit ganz vielen Erinnerungen.

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Moni ist meine Schwester. Ich freue mich, dass sie mitgeschrieben hat. Danke, Moni ❤️.

Heike: bergmutig sozusagen

von Heike geknipst

Als ich Heikes Foto sah, sagte ich zu ihr, das muss eine Postkarte werden. Erst als sie erklärte, da hängt ein Spinnennetz mit Regentropfen, erklärte sich diese prickelnde Aufnahme von selbst. Wir haben Heike mit unserer Blogaktion inspiriert mitzuschreiben, deshalb einfach mal so zwischendurch – wie ein Regentropfen in unsere Textreihe eingefädelt.

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(von Heike) Prolog: Mit Leidenschaft blicke ich über den Tellerrand, um zu lernen. Seitdem mein Professor für Politische Theorie, Ullrich Druwe [nur wegen ihm interessierte ich mich für sein Fachgebiet; er war es auch, der mich mein Faible für Neurobiologie erkennen ließ] uns Studenten vor gut 30 Jahren aufmerksam machte, was sich aus Kinofilmen und Romanen über Politik lernen lässt. Ein Aha-Erlebnis. Mauerfall für horizonterweiternde Ausflüge in fremde Themengebiete. Meine Bloggerfreundin Petra hat zu einer November-Aktion im Totenhemd-Blog eingeladen. Heute geht’s in die Poesie.

Hier lest Ihr in Heikes Blog weiter.

Heike und ich kennen uns schon eeeeewig – als Blog- und Wanderfreundinnen unter anderem.

7.11. Die „Dessau“-Schreiberinnen: Liebesprickeln

von Uta

Petra: Beide tragen ihre Maske über Mund und Nase. Sie stehen in der vollen U-Bahn gleich vorne an den Türen nah beieinander. Sie scheinen frisch verliebt und unterhalten sich vertieft. Dabei verschlingt sie ihn mit ihren großen Augen. Sie begehren sich. Es ist faszinierend, ihr zuzuschauen, wie sie ihn fixiert. Ihre Augen wollen es wissen, bewegen sich unruhig von rechts nach links, als wenn sie mal in sein rechtes und dann wieder in sein linkes Auge schaut.

Juliane: Er ist größer als sie. Aus ihrer Perspektive sieht sie nicht, von wo die Haare über die kahle Stelle am Hinterkopf in die Stirn frisiert worden sind. Aus ihrer Sicht wirkt er wie ein junger Mann, aus meiner wie ein unbeholfen getarnter junger Mann. Ich bin größer als sie und nicht blind vor Liebe.
 
Anke: Vor vielen Jahren liebte ich auch so einen Mann – eine graue Maus mit ähnlicher Frisur. Scheinbar unattraktiv, aber im Gespräch ein schillernder Fluss. Und mit mir gemeinsam zwischen den Bettlaken ein wiss- und lernbegieriger Berserker. Immer hungrig. Immer sinnlich. Ich muss beim Anblick des Masken-Liebespaares an ihn denken. Seine süßen begehrlichen Worte waren noch immer in meinen Poren. Sie ließen mich damals milde stimmen ob seiner zunehmend erschlaffenden Männlichkeit, die er als ehemaliger Klavierspieler mühelos fingerfertig ausgleichen konnte. Und es gab ein weiteres physikalisches Problem: die Ehefrau.

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5.11. Bianca: Der Zettel

Als fast alles vorbei ist holt Mama den Zettel aus ihrer Handtasche und legt ihn neben das Gesangbuch. Er ist ordentlich gefaltet und zweimal umgeklappt. Einmal längs, einmal quer. So wie die Taschentücher, die sie bügelte und dann zusammenlegte. Papas Taschentücher. Kante auf Kante, erklärte sie mir damals, als sie meinen fragenden Blick bemerkte.

Hier geht es weiter zu Biancas Text in ihrem Blog Silbensammlerin.