Friedhofsspaziergänge im Süden Cornwalls

In Cornwall besuchte ich drei verschiedene Friedhöfe. Es waren alte historische Friedhöfe. Die Grabsteine verwittert und windschief, die Gräber eingefallen, manchmal mit zerbrochenen Grabplatten, einige wenige mit Blumenschmuck, die jüngeren Datums sind.

Wir besuchten die Grabstätten von Mullion, St. Mellanus und Zennor (gegenüber dem Friedhof aßen wir mittags im 700 Jahre alten Pub „The Tinners Arms“ zu Mittag). Nachfolgend ein paar der schönsten Eindrücke.

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Auf einer Wolke sitzen

Sitzen unsere Toten auf einer Wolke?
Manchmal sagen wir das so dahin.

Wir überlegen, ob sie zu uns herunter schauen.
Auf uns aufpassen.

Je nach Hobby oder Profession gehen sie ihrer Tätigkeit nach.
Spielen Geige oder Kontrabass.
Lesen aus einem Buch vor.
Schreiben etwas an die Tafel.
Harken den Rasen oder reparieren den Zaun.
Singen im Chor oder kochen für die ganze Engelschar.

Wir winken hinterher.

heute morgen ein erstaunlicher Himmel … da war was los

Kälte und Grauen – eine Stippvisite in Hinterkaifeck

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Kreuz am Wegrand - Hinterkaifeck

Die Tage nach Ostern 2021: Kalt ist es, 2 °C zeigt das Thermometer, selbst wenn die Sonne gelegentlich zwischen den Wolken hervorkommt, wärmt sie nicht wirklich. Der Nordwestwind ist eisig und schneidend, immer wieder weht er Graupel heran, in der Nacht auch Schnee. Kälte kriecht durch alle Ritzen, wenn die Jacke nicht richtig geschlossen ist. Aber Kälte strahlt auch der Ort aus. Eiseskälte. Grabeskälte.

Ein Jahr ist es her dass ich das letzte Mal an diesem Ort war. Ein Ort des Grauens, ein Ort des Verbrechens: Vor auf den Tag genau 100 Jahren war es auch kalt in den Tagen um Ostern.

Schnee lag am Waldrand, der Bauer Andreas Gruber fand am Karfreitag frische Fußspuren hinter seinem Hof, er sah auch in der Ferne zwischen den Bäumen jemanden stehen, der aber, kaum dass er sich bemerkt fühlte, wieder verschwand. Es war der 31.03.1922 – der Tag, auf den eine grauenhafte Mordnacht folgen sollte. Denn in der Nacht zum 01. April wurden nacheinander der Bauer, seine Frau Cäcilia, ihre Tochter Viktoria und deren Tochter Cilli umgebracht. Mit bis zu neun Schlägen mit einer Hacke drosch der Mörder bestialisch auf seine Opfer ein, danach versteckte er die Leichen im Stall im Stroh.

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Spaziergang über den Friedhof in Sent „wohnt die Ewigkeit“

Friedhofspaziergang am frühen Morgen in Sent

Ich war schon öfters in Sent. Aber noch nie bin ich über den Friedhof spaziert. Ein kleiner Ort des Friedens. Schneebedeckt. Am dritten oder vierten Tag des Krieges.

In der letzten Stunde der Nacht
wohnt die Ewigkeit
und wir warten
auf unsere Geliebten
die niemals kommen
unsere Liebe zu erfüllen.

Alles Sehnen ist vergangen
(von Gianna Olinda Cadonau)

Das Gedicht habe ich während der Zugfahrt nach Sent vor wenigen Wochen in der Zeitschrift Piz Nr. 61 gelesen. Mir hat es sehr gefallen und ich fand es neben den anderen Versen sehr schön – einerseits in Rhätoromanisch abgedruckt sowie in deutscher Sprache. Hier gibt es die Quelle zum Gedichtband und eine Gedichtauswahl aus dem Buch – auch in Rhätoromanisch. Ich finde, das Gedicht passt heute an Tag 28 des Krieges gut hin … und die schneebedeckten Gräber tun ihr Übriges.

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Ein Trauerfest feiern: So schmecken Königsberger Klopse !

Als ich das Buch von David Roth rezensierte stolperte ich über die Podcasts, die er gemeinsam mit Klaus Reichert spricht und veröffentlicht.

Ich hörte mal: „Oh nee, einen Trauerkaffee nach der Beerdigung der Mutter? Will ich nicht!“

Nun. Wenn ich an die Beerdigung unserer Mutter denke, die irgendwann stattfinden wird, dann stelle ich mir das so vor: wir feiern und essen mit den Trauergästen und gedenken meiner Mutter bei einer „Feier“. Währenddessen werden wir ihre Kochkünste loben. Sie sagt mir immer wieder stolz: Ich weiß, wie Königsberger Klopse schmecken (und wie man sie lecker zubereitet). Als junge Frau hat sie eine Lehre zur Köchin absolviert. Sie ist Expertin für gutbürgerliche Küche. Ihre Königsberger Klopse waren wirklich sehr sehr lecker. Sie hat ein Leben lang als Köchin gearbeitet. Selbständig im eigenen Hotelbetrieb … als sie dann verdientermaßen aufhörte, kochte sie regelmäßig in einer Kreuznacher Gemeinde für die alten Menschen – über viele viele Jahre. Jetzt kocht sie für sich immer noch selbst und schwärmt in höchsten Tönen, wenn ihr Essen gut gelungen ist. Sie genießt in vollen Zügen.

Wisst Ihr wie Königsberger Klopse schmecken? Lecker gewürztes Hackfleisch wird in Brühe gar, dazu gibt es eine cremige Bechamelsoße mit Kapern drin … das gibt der Soße die saure Note … Vielleicht kochen wir Hinterbliebenen ja genau dieses Gericht … und denken beim Essen an unsere verstorbene Mutter.

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Leere, Trauer, Machtlosigkeit – kein Happy End

Vorbemerkung:
Seit Anfang Dezember 2021 wurde der 16jährige Joshua aus Berlin-Hellersdorf vermisst. Die Polizei suchte fieberhaft, die Medien im Berliner Raum veröffentlichten Suchaufrufe, der Vater wandte sich in seiner Verzweiflung selbst an die Öffentlichkeit. Twitter war eines der Medien seiner Wahl.

Seine eigene Reichweite und das tausendfache Teilen des Suchaufrufs machten den Fall weit über Berlins Grenzen bekannt. Es waren drei Wochen voller Hoffen und Bangen, dann am 1. Weihnachtsfeiertag kam die traurige Gewissheit: Der Junge war tot, ein Spaziergänger hatte die Leiche des 16jährigen gefunden. Rico Baganz, der Vater, machte seiner Verzweiflung auf Twitter Luft, ein Tweet, der alle, die das Geschehen verfolgten, wie ein Schlag in die Magengrube traf.
Selten taten wenige Worte und schwarze Herzen so weh.

Ich möchte an dieser Stelle die ersten Tweets des Vaters und einen von der Berliner Polizei teilen – es geht an die Nieren, denn es ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann: Das eigene Kind zu verlieren.
Niemand, der das nicht selbst erlebt hat, kann das nachvollziehen, allerhöchstens eine Ahnung davon haben, was das bedeutet, was diese Familie durchmacht. Rico Baganz hat mittlerweile angefangen, auf Twitter von seinem toten Jungen zu erzählen, seine Tweets sind eine Art Therapie, wie er selbst schreibt. Das ist aufwühlend und zutiefst bewegend. Die Anteilnahme Hunderter unter jedem einzelnen Tweet ist überwältigend und wiederum sehr an die Nieren gehend.

Bitte klickt auf Weiterlesen nur, wenn Ihr die Tweets eines völlig verzweifelten Vaters in all seiner Leere, Trauer und Machtlosigkeit lesen (und aushalten) könnt. Es ist – zumindest empfinde ich das als Vater so – sehr schmerzhaft. Aber es ist ein Teil unser aller Lebenswirklichkeit, vor dem wir uns nicht verschließen können. Wenn wir übers Sterben reden und den Tod, dann gehört auch das dazu.
Geliebte Menschen sterben, und wir müssen damit umgehen. Rico hat seine Art gewählt: Lautes, öffentliches Trauern.

Auch wenn Ihr keinen Twitter-Account habt, könnt Ihr über einen Klick den Original-Tweet auf der Plattform lesen.

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45 Bilder – und die Stories dahinter

Am 19. August habe ich hier im Totenhemdblog eine kleine Bildmediation veröffentlicht. Es ging, wie sollte es anders sein, um das Thema Tod und Vergänglichkeit.
Passend zum Weltfototag 2021.
Es war eine sehr subjektive, sehr willkürliche Auswahl an Fotos, die ich für mein eigenes Blog für unterschiedlichste Beiträge angefertigt hatte, Bilder, von denen ich denke, dass sie aber auch in diesem Kontext hier gut passen. Aber längst nicht jeder meiner Beiträge beschäftigte sich mit dem Tod oder der Vergänglichkeit. Dennoch denke ich, dass diese Bilder bestens passen.

Ein kleiner Teil der Fotos waren zugleich eine Vorschau auf Beiträge, die ich hier veröffentlicht habe oder noch im kommenden halben Jahr veröffentlichen werde. Dazu gehören vor allem kleine Friedhöfe von Orten, die es längst nicht mehr gibt.
Falls Sie schon jetzt wissen wollen, was die einzelnen Bilder zeigen – hier eine „Auflösung“, zum Teil mit Verlinkung auf ihre Ursprung. Weiterlesen

Wenn ich zuerst sterbe …

… wird meine Schwester im Advent diesen Weihnachtsstern aufhängen, den ich ihr vor vielen Jahren einmal schenkte. Sie freut sich immer wieder drüber … nur wird sie mir kein Foto mehr schicken. Vielleicht sitze ich auf einer Wolke und winke ihr zu.

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Ein Gespräch zwischen Jacob und Marco

„Würdest du mich auf dem Friedhof besuchen, wenn ich vor dir sterbe?2

Fragt heute Martin bzw. Marco in seinem Blog. Ich freue mich, dass er mit seinem Blog „Dein Tod und ich“ zum ersten Mal mitschreibt … mit Humor und einem kleinen Schalk :-). Lest selbst.

https://deintodundich.blog/2021/11/22/gespraech_mit_jacob/

Wenn ich zuerst sterbe… möchte ich nicht im Kaktus landen

Zur November Blogaktion heute mein Beitrag Wenn ich zuerst sterbe.. möchte ich nicht im Kaktus landen.

Ich gebe zu, das klingt merkwürdig, absurd, zumindest skurril. Wenn ich zuerst sterbe… dann habe ich keine Wünsche, was meine Beerdigung, meine Begräbnisstätte, die Trauerfeier usw. betrifft. Mag sein, es fällt den Angehörigen leichter, wenn sie wissen, wie sie mit dem Toten umgehen sollen, welche Wünsche er hatte usw. Gut möglich aber auch, dass das einen immensen Druck ausübt, weil sie viele Dinge vielleicht für sich anders geregelt hätten. Beerdigung, Grabstätte etc. dienen meiner Meinung nach in erster Linie den Bedürfnissen der Angehörigen, also sollen sie es so richten, wie sie es gerne hätten – mir ist das vollkommen egal. Ich habe weder so noch so noch so oder so etwas davon, Macht es so, wie ihr wollt. Fertig.
Nur eine Bitte hätte ich vielleicht doch noch – ich möchte nicht im Kaktus landen.

Was das heißt?

Im November 2016 bereisten meine Frau und ich die Atlantikinsel Madeira. Damals notierte ich in meinem Blog diese Geschichte, die erklärt, was ich meine. Darum wiederhole ich sie hier im Rahmen der Blogparade.

Weit und einladend breitet Christus seine Arme aus. So als wolle er die ganze Welt umarmen und jede Seele zu sich rufen. Mächtig erhebt sich die Skulptur von Georges Serraz aus dem Jahr 1927 über dem atlantischen Ozean. Auf einer kleinen Halbinsel Ponta do Garajau steht sie und heißt die einlaufenden Seefahrer vor Madeiras Hauptstadt Funchal willkommen. Nach Tagen auf See haben sie den Hafen der portugiesischen Blumeninsel, die rund 500 Kilometer vor der Küste Afrikas liegt, erreicht.
Angekommen.urni1 Weiterlesen