Aschermittwoch. Fastenzeit: ohne Schminke

Heute ist Aschermittwoch (Hier auf der Seite von „Andere Zeiten“ schön erklärt). Ich habe geschaut, ob in einer der hiesigen Kirchen ein Gottesdienst stattfindet fürs Aschekreuz auf der Stirn. Traditionell werden während der Zeremonie folgende Worte gesprochen:

»Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.« Wir werden eingeladen, uns an unsere Endlichkeit zu erinnern. (Inspiriert von „die Fastenbroschüre 7 Wochen anders leben“ vom Andere Zeiten Verlag)

Und mit dem heutigen Tag beginnt die Fastenzeit bis Ostern. Das Wort „fasten“ stammt vom althochdeutschen „festhalten, beobachten“. Damit ist das Festhalten an Regeln und die Beobachtung des eigenen Ich gemeint.

In Basel fotografiert … ein Haarsalon: Art of Hair

Ich lade ein für einen Moment innezuhalten heute mit der Frage: Willst Du die nächsten sieben Wochen – nämlich in der Fastenzeit – etwas weglassen oder etwas Neues ausprobieren? Willst Du einen kleinen Teil deines Alltags – im Hinblick auf deine Vergänglichkeit – anders gestalten?

Meine Gedanken zum heutigen Tag und zu den folgenden Wochen: Es ist mal wieder Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Leben ist endlich. Ist mir ja nicht neu :-). Aber eine Zeitlang bewusst darüber zu schreiben oder zu denken? Ja warum nicht. Ich mache das mit der folgenden Idee: Ich will ausprobieren, mich die nächsten Wochen nicht zu schminken. „Zeig‘ Dich wie du bist, ohne Rouge, ohne Lippenstift, Kajal oder Wimperntusche“. Uiii, das ist mal eine Herausforderung. Denn ich schminke mich eigentlich täglich.

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Das letzte Hemd – Haus am Dom in Frankfurt – noch bis 26.2.

Wir hängen: Im letzten Hemd – im Haus am Dom in Frankfurt oder
„Stell Dir vor, Du bist tot“

„Wie kam es eigentlich, dass wir uns in unserem Totenkleid fotografieren ließen?“, überlegten Annegret und ich während der Vernissage letzte Woche zur Ausstellung „Im letzten Hemd“ im Frankfurter Haus am Dom. Die Antwort ist einfach: Wir wurden eingeladen. Wir hatten den Totenhemd-Blog frisch am Start, als uns eine Mail über Sinn und Zweck der Aktion „Im letzten Hemd“ informierte. Wir überlegten nicht lange und waren mit dem, was wir auf unserer letzten Reise einmal tragen würden zum Fotoshooting angereist. Ihr erinnert euch an unsere Blogartikel, die ich weiter unten verlinke.

Annegret und ich suchten in der Ausstellung erst einmal unsere Fotos und fanden sie schnell. Es war ein besonderer Moment für uns, die Aufnahmen nun in Originalgröße bewundern zu können. Ich bin im Hochzeitskleid gekleidet mit roter Jacke aus Hong Kong, auf der das chinesische Zeichen für Glück zu sehen ist. Wir machten schnell einen Schnappschuss von uns und schon ging die Veranstaltung los. 

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Und weiter geht’s mit der Debatte. Gut sterben. FAS Artikel vom 5. Juni.

Kaum waren die drei Seiten in der Sonntags FAZ veröffentlicht, ich hatte den Artikel hier im Blog erwähnt, wurde die Debatte im Bundestag aufgegriffen.

im Trebah Garden Cornwall – fotografiert

Zwei Wochen später erscheint wieder in der Sonntags FAZ – diesmal prominent auf der dritten Seite der Artikel „Gut sterben“ – wurde aktualisiert mit der Überschrift: „Herr Wörner sucht den guten Tod“. Es wird Ottmar Wörner vorgestellt, der sterben will, bevor er zum Pflegefall wird oder vor Schmerzen umkommt. Da kennt er einige Beispiele und es gruselt ihn so zu enden wie z.B. sein bester Freund. Herr Wörner ist 87 Jahre alt und er weiß, was er will und lässt sich davon auch nicht abbringen. Für ihn steht fest, es muss ein selbstbestimmter Tod sein, den er sterben möchte.

Das Bundesverfassungsgericht entschied 2020, dass sich jeder töten darf, und das jederzeit, in jeder Lage. „Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist nicht auf fremddefinierte Situationen wie schwere oder unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Es besteht in jeder Phase menschlicher Existenz“, heißt es im Urteil. „Das Recht, sich selbst zu töten, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“, urteilten die Richter.

Und nun ist der Gesetzgeber an der Reihe, die Sterbehilfe zu regulieren. Noch gibt es kein Gesetz, nur den Richterspruch vom Bundesverfassungsgericht. Viele Menschen wissen nicht, dass der assistierte Suizid inzwischen in Deutschland möglich ist. Es ist in keiner Weise ein „Graubereich“, stellt der Geschäftsführer der DGHS, Johannes Weinfurter, klar.

Die DGHS, die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben, hatte ich in meinem letzten Artikel bereits erwähnt. Wenn man telefonisch den Wunsch äußert, dass man sterben möchte, erhält man zwei DIN-A4-Seiten, die darüber informieren, was nötig ist. Sechs Monate Mitgliedschaft sind Voraussetzung, dann darf man ein sogenanntes Motivationsschreiben schicken mit seinem Sterbewunsch.

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Die Debatte muss weitergehen. Wer hilft beim Sterben? Assistierter Suizid

„Alle Menschen haben in ihrem Leben schon einmal über Suizid nachgedacht“, so glaubt es Frau Christine Hucke der DGHS-Kontaktstelle Nordrhein zum begleiteten Suizid. DGHS steht für Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben. Schon vor einigen Wochen startete ich diesen Artikel um auf den Podcast vom Bestattungshaus Pütz-Roth hinzuweisen. Bitte unbedingt reinhören. Frau Hucke erklärt sehr ausführlich und vermittelt auch den Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz: in D begleitet ein Arzt, in der Schweiz eine oder ein Sterbehelfer*in.

Ich notierte mir noch einen anderen wichtigen Satz: Wir haben das Recht zu sterben, es besteht aber keine Pflicht dabei zu helfen.

Nun erschien letzten Sonntag in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung in der Rubrik Leben eine drei-seitige Reportage über das begleitete Sterben eines Ehepaares im hohen Alter. Ihr Leben war ein Fest. Dann hatten sie genug (zum Artikel klickne)“. Begleitet haben den Sterbewunsch der Eltern ihre drei erwachsenen Kinder, zwei Töchter und ein Sohn. Ich finde diesen Artikel sehr lesenswert, er ist nicht kostenfrei aber es lohnt sich, dafür eine kleine Gebühr zu bezahlen.

Dass die Suizidhilfe ein hochemotionales Thema ist, wissen wir. Die Journalistin Eva Schläfer moniert in ihrem Artikel, dass die Debatte dazu nicht in Gang kommt. „Dabei ist es mehr als 2 Jahre her, dass das Bundesverfassungsgericht das seit Ende 2015 geltende Sterbehilfegesetz für verfassungswidrig erklärte.“ Eigentlich, meint sie, müssten wir viel häufiger über die Vor- und Nachteile diskutieren. „Die Karlsruher Richter kippten das Gesetz mit der Begründung, das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen.“

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Leere, Trauer, Machtlosigkeit – kein Happy End

Vorbemerkung:
Seit Anfang Dezember 2021 wurde der 16jährige Joshua aus Berlin-Hellersdorf vermisst. Die Polizei suchte fieberhaft, die Medien im Berliner Raum veröffentlichten Suchaufrufe, der Vater wandte sich in seiner Verzweiflung selbst an die Öffentlichkeit. Twitter war eines der Medien seiner Wahl.

Seine eigene Reichweite und das tausendfache Teilen des Suchaufrufs machten den Fall weit über Berlins Grenzen bekannt. Es waren drei Wochen voller Hoffen und Bangen, dann am 1. Weihnachtsfeiertag kam die traurige Gewissheit: Der Junge war tot, ein Spaziergänger hatte die Leiche des 16jährigen gefunden. Rico Baganz, der Vater, machte seiner Verzweiflung auf Twitter Luft, ein Tweet, der alle, die das Geschehen verfolgten, wie ein Schlag in die Magengrube traf.
Selten taten wenige Worte und schwarze Herzen so weh.

Ich möchte an dieser Stelle die ersten Tweets des Vaters und einen von der Berliner Polizei teilen – es geht an die Nieren, denn es ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann: Das eigene Kind zu verlieren.
Niemand, der das nicht selbst erlebt hat, kann das nachvollziehen, allerhöchstens eine Ahnung davon haben, was das bedeutet, was diese Familie durchmacht. Rico Baganz hat mittlerweile angefangen, auf Twitter von seinem toten Jungen zu erzählen, seine Tweets sind eine Art Therapie, wie er selbst schreibt. Das ist aufwühlend und zutiefst bewegend. Die Anteilnahme Hunderter unter jedem einzelnen Tweet ist überwältigend und wiederum sehr an die Nieren gehend.

Bitte klickt auf Weiterlesen nur, wenn Ihr die Tweets eines völlig verzweifelten Vaters in all seiner Leere, Trauer und Machtlosigkeit lesen (und aushalten) könnt. Es ist – zumindest empfinde ich das als Vater so – sehr schmerzhaft. Aber es ist ein Teil unser aller Lebenswirklichkeit, vor dem wir uns nicht verschließen können. Wenn wir übers Sterben reden und den Tod, dann gehört auch das dazu.
Geliebte Menschen sterben, und wir müssen damit umgehen. Rico hat seine Art gewählt: Lautes, öffentliches Trauern.

Auch wenn Ihr keinen Twitter-Account habt, könnt Ihr über einen Klick den Original-Tweet auf der Plattform lesen.

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Galgen- und Totenvögel

An einem düsteren, grauen Wintertag mache ich einen Abstecher zum Weiher. Der Wind peitscht, weht Graupel übers Wasser, es ist kalt, nass, eklig: Ein ungemütlicher Tag, ein Tag fürs Sofa oder Schwimmbad, aber keinesfalls für den Aufenthalt im Freien, wenn man nicht wirklich dafür ausgestattet ist. Und richtig hell scheint es auch nicht zu werden.

Mein Lieblingsbaum

Zwei Krähen ziehen bei meiner Stippvisite die Aufmerksamkeit auf sich. Ich hatte gehofft, auf welche zu treffen und fotografieren zu können, sie nicht nur in der Ferne oben in den Bäumen krächzen zu hören. Sie hocken am Ufer, beobachten mich aufmerksam, der nun seinerseits sie beobachtet und ins Visier der Kamera nimmt. Warum nicht auch mal „popelige Krähen“ knipsen? Ich gehöre zu den wenigen, die diesen Vögeln etwas abgewinnen können.

Zwei Krähen am Ufer

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Sarah und ihre „neunte“ zum Thema unserer November-Blogaktion

Wir sind eine neunte Klasse am Gustav-Stresemann-Gymnasium in Bad Wildungen und beschäftigen uns gerade mit dem Thema „Leben-Sterben-Tod-Auferstehung“. Dazu erarbeiten wir eigenständig Portfolios und gestalten unsere Ideen, Wünsche, Befürchtungen, Gedanken und Hoffnungen in Texten und Bildern und sind dabei kreativ unterwegs. Mit dem Thema umzugehen, fiel uns zu Beginn nicht ganz leicht. Sterben und Tod noch dazu mit „Humor“ zu betrachten, lag uns sogar zunächst noch deutlich ferner, sodass wir eine Weile brauchten, bis sich ein paar von uns kreativ damit auseinandersetzen konnten. Aus den Gedanken der ganzen Reli-Gruppe und der Vertiefung in Kleingruppen sind diese Dinge entstanden.

Übrigens: Gerade sind viele von uns in der Phase, dem Leben angesichts seiner Begrenztheit mehr Fülle und Tiefe zu geben. Das zu gestalten, macht uns viel Freude. 
(Anmerkung der Lehrerin: Beste Freundschaften und die erste große Liebe – und ich darf ihnen bei ihren Gesprächen darüber zuhören und mitreden. Hach…! Tolle 9er! – Oder wie eine Schülerin sagte: „Naja, Sie gehören halt zur Familie!  )

Für die 9er – Sarah

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Padma und Britta: was wäre, wenn ich zuerst sterbe …

Anlässlich unserer Blogaktion im November schreibt

von Padma

Padma am 13. November:

Bisher habe ich mich eher mit dem „Wenn du zuerst stirbst“ beschäftigt. Viele Jahre beruflich mit unterschiedlichsten Patienten. Natürlich kamen zwischendurch auch persönliche Menschen in meinem Umfeld zu Tode.

in ihrem Blog „essenzdergöttin“ bitte weiterlesen.

Heute am 15.11. schreibt Britta:

Wenn ich zuerst gestorben wäre,
dann hätte …
ja, dann hättest Du verloren diese Wette.

in ihrem Blog „Trauer ist Liebe“ bitte weiterlesen.

Memento Mori – Der Dialog geht weiter

Lutz: Guten Morgen Petra,
schön, dass wir den Gesprächsfaden wieder aufnehmen (das erste Gespräch könnt Ihr hier lesen), auch wenn der Memento-Tag vorbei ist. Ich möchte anknüpfen an Deine interessanten Ausführungen zu der Frage, was Du über das Fotografieren von Toten denkst. Denn mir geht das ganz genauso. Mein Vater war auch so einer, der es nicht lassen konnte, dann aber die Bilder (damals noch in Papierform) nie wieder in die Hand genommen hat. Ich habe es damals nicht verstanden, fand das vollkommen überflüssig, bin aber froh, dass ich damals nichts dazu gesagt habe. Angesichts des angespannten Sohn-Vater-Verhältnisses hätte das vermutlich auch eine ungute Streiterei verursacht. Letztlich sehe ich das heute viel gelassener: Es war eben seine Art, Abschied zu nehmen. Er brauchte das ganz offensichtlich. So etwas verdient Toleranz und Respekt und keine hämischen Kommentare oder altkluges Dahergerede, dass man sich die Bilder später ohnehin nicht mehr anschaut. Das gebietet ganz einfach der Anstand, etwas, was ich auch erst lernen musste.
Jeder trauert halt auf seine Weise und jeder hat das Recht, sich auf seine Weise und seinen Bedürfnissen von den Toten zu verabschieden, sich von ihnen zu lösen und Wege der Erinnerung zu finden. Zumindest im Rahmen üblicher gesellschaftlicher Spielregeln. Wer also wäre ich, jemandem, der seine Toten fotografiert, entgegenzuwerfen, dass ich das persönlich überflüssig, vielleicht sogar affig finde?

Greyfriar Kirkyard in Edinburgh

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Lutz und Petra chatten für den MementoTag

Durch den Tod bleiben wir im Gespräch mit dem Leben. (Patrick Woodford)

Hallo Lutz,
hast Du in den letzten Jahren schon vom MementoTag gehört? Er wird dieses Jahr zum dritten Mal stattfinden. „End-lich leben“ so heißt es in der Subline und wird auf der Website so erklärt: 

Der MementoTag soll die Themen Sterben, Tod und Vergänglichkeit wieder mehr ins gesellschaftliche Bewusstsein holen und Menschen ermutigen, mit ihnen in Kontakt zu treten.

Und ich frage gleich weiter: Seit wann ist Dir bewusst, dass das Leben endlich ist? Dass es endlich ist, wissen wir ja. Aber so richtig bewusst hast Du es Dir wann gemacht. Oder wie war das bei Dir?

Hallo Petra,
schon Deine erste Frage bringt mich sehr ins Grübeln. Wann war das eigentlich, dass mir die Endlichkeit des Sterbens bewusst wurde?
Zunächst: Du hast vollkommen recht, das theoretische Wissen um die Endlichkeit des Lebens, das war eigentlich immer schon da. Schon in meiner Kindheit, Erfahrung mit der Endlichkeit des Lebens habe ich eigentlich das erste Mal gemacht, als mein Großvater, den ich sehr geliebt habe, starb. Da war ich 18, stand kurz vor dem Abitur, war ein furchtbarer Mensch, will ich den Erzählungen anderer glauben, einer, der sich mehr für sich selbst, als für irgendetwas anderes interessiert. Nichts und niemand ging mich was an. Wir kamen von einer Schulfahrt nach Frankfurt am Abend zurück, gedrückte Stimmung im Haus. Der Opa ist tot. Ich begriff das gar nicht. Und ich lernte einfach nichts daraus.

Es wurde relativ viel um mich gestorben. Das klingt merkwürdig, aber so war es: Nicht nur die Oma, auch während des Studiums und der ersten Berufsjahre Bekannte und einige Kollegen. Es schockierte mich einen Moment, aber rührte mich nicht wirklich und es lehrte mich auch nichts.
Die Endlichkeit des Lebens lernte ich erst mit der Krebserkrankung meiner Mutter kennen, sie war gerade 60, als sie starb. Und ihr größter Kummer war, dass sie den beiden kleinen Enkelkindern, meinen Töchtern, keine Oma mehr sein konnte, sie nicht begleiten und aufwachsen sehen konnte. Sie verzweifelte schier daran. Als sie davon sprach, brach es mir das Herz. Ihr viel zu früher Tod hatte es mir endgültig klar gemacht, was Endlichkeit bedeutet. In all seiner Unausweichlichkeit, seiner Konsequenz und auch seiner Brutalität.

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