Buchtipp: Keine Angst vor fremden Tränen

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Eine Bekannte, die sich auch für die Weiterbildung zur Sterbeamme interessierte, hat mir ihr Buch gezeigt, das sie gerade liest.

Keine Angst vor fremden Tränen von Chris Paul.

„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll“ – so geht es vielen, wenn sie trauernden Menschen begegnen. In der Buchinformation lese ich: „…. dieses Buch ist eines der wertvollsten Trauerratgeberbücher des Jahres 2013″.

Steht auf meiner Buchlese-Liste :-).

Hier können Sie sich informieren.

Nicht so schnell

Diesen Artikel habe ich für die kirchliche Seite einer Tageszeitung geschrieben. Deshalb ist hier heute viel Bibel drin. Ich wollte es gerne mit euch teilen, weil der Text auch aus unseren Erfahrungen in diesem Blog entstanden ist.

Trauernde sind nicht so schnell. Zähle bis drei und es ist alles vorbei. So hätte es gerne unsere Gesellschaft, die uns 2 Tage Sonderurlaub gewährt, wenn wir einen nahen Angehörigen beerdigen müssen. Aber auch nur dann. Freund oder Freundin gestorben? Schlimm. Aber du musst weiter funktionieren.

Trauernde sind nicht so schnell. Gestern noch Karfreitag, morgen schon Ostern? Ich komme in diesen Tagen auch nicht hinterher. Dieser Flugzeugabsturz. Während die Presse Erklärungen produziert und mehr oder weniger professionell psychologisiert, bin ich noch bei dem Bild: alles zerschellt. Maschine, Menschen, Familien, Kollegenschaft, Schulklassen. Da kann niemand bis drei zählen.
Der Tod ist brutal. Immer reißt er die Welt ein. Sei es nun ein “eingeschlafen im hohen Alter” oder ein gewaltsamer Tod wie bei diesem Flugzeugabsturz. Die Welt im Kleinen und im Großen ist nicht mehr die Gleiche. Denn ein Mensch fehlt. Und dort wo er oder sie fehlt, ist ein Loch, ein Leerraum, eine schreiende Stille.
In diesen Familien, in dieser Schule, an diesem Ort ist die Welt eingestürzt. Da gibt es kein Schönreden. Und das ist schwer auszuhalten.

Lass mich
Lass mich noch
Lass mich noch ein wenig
Lass mich noch ein wenig am Grab
Lass mich noch ein wenig am Grab stehen Weiterlesen

Stillstehen

Noch nie habe ich den Karfreitag für so notwendig gehalten, wie in diesem Jahr. Nach all den sinnlosen Toden in dieser Woche, die gerade auch junge Menschen getroffen haben, beim Flugzeugabsturz der German Wings. Nach dem Massaker an Student_innen in Kenia.
In dieser Woche habe ich verstanden, dass der Karfreitag der einzige Tag im (Kirchen-)Jahr ist, an dem gesagt wird: sieh hin. Auf diese sinnlose brutale Gewalt. Sie geschieht. Jeden Tag aufs Neue. Dies ist, was Menschen anderen Menschen antun können und antun. Und einmal im Jahr, darf das stehen bleiben. Es wird nicht gleich wieder aufgelöst, in Hoffnung verwandelt. Denn hier gibt es heute nichts zu hoffen oder zu trösten. „Untröstlich“ zu sein darf sein.

Einmal im Jahr stillstehen und nicht gleich noch bei Facebook schauen oder einen Witz machen oder sich ein Gläschen gönnen. Ein brutaler Tag, des Stillstands, weil die Welt so ist.

Aber im Unterschied zu früher habe ich auch verstanden, dass man diesen Tag nicht alleine aushalten muss. Wir stehen gemeinsam still. Auch hier, wenn ihr das lest, oder in einer Kirche seid oder irgendwo unterwegs seid. Hier und dort sind Menschen, die mit-fühlen, das Entsetzen mit aushalten. Und darin liegt eine enorme Kraft. Sie hilft denen, die erstarrt sind vor Trauer. Heute stehen wir still und halten es aus – gemeinsam.

 

Trostfoto aus Hamburg

von Reiner Hansen aus Hamburg mit freundlicher Erlaubnis

von Reiner Hansen aus Hamburg mit freundlicher Erlaubnis

Dieses Foto hat heute Reiner Hansen aus Hamburg in meiner Fastengruppe bei FAcebook gepostet. Überhaupt hat er in den letzten Tagen stille Fotos veröffentlicht, die dem Nachrichten-Wahnsinn einen Kontrapunkt setzen.

Ich bin froh darum. Dieses Foto tröstet mich. Es bedeutet für mich: in sich ruhen, Kraft sammeln und konzentrieren, das Hier und Jetzt annehmen, weit blicken … atmen … ein … aus …

Bei einem Flugzeugabsturz sterben

Der gestrige Flugzeugabsturz ist sehr sehr schlimm! Eine Katastrophe für alle Beteiligten. Da ist es nicht einfach über das Sterben zu sprechen.

Ich trauere mit den Angehörigen. Meine Gedanken sind bei den Hinterbliebenen, die nun darüber trauern, dass ein geliebter Mensch aus dem Leben gerissen wurde. Ich bin wie alle anderen auch entsetzt und bestürzt über den gestrigen Unfall in den französischen Alpen.

Niemand will so sterben. Und doch passiert es immer wieder. Selten. Ein Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel der Welt, wenn man überlegt, wie viele Flüge tagtäglich abgewickelt werden. In diesem Fall tröstet allerdings nicht.

Lasst und reden über die Sicherheit der Flugzeugcomputer, die Medienpräsenz, die Nachrichtenerstattung, Gott und die Welt – oder schweigen …

Leichenschmaus … ein Schmaus mit der Leich?

7809778,templateId=scaled,property=imageData,,scale=proportional,v=1,,CmPart=com.arte-tv.wwwMein Mann und ich schauen regelmäßig die Sendung Karambolage auf ARTE. Kennen Sie diese kreative, humorige TV-Sendung? 15 Minuten lernt man etwas aus Frankreich oder aus Deutschland. Ein Wort, ein Zitat, eine Begebenheit. Und das in fröhlich-kreativem Look. Mir gefällt das.

Wir sind allerdings ein paar Sendungen hinterher. Kürzlich haben wir aus der Staffel 11, die 26. Folge gesehen vom 9. März 2014. Dieser Beitrag informierte uns darüber, dass in Frankreich ein Wort fehlt für das wir ganz viele Wörter haben: Totenmahl, Beerdigungs-kaffee, Trösterbrot, Trostbrot, Trauerbrot oder Tränenbrot. Andere nennen das Essen nach der Beerdingung ganz einfach Tröster … und noch einige mehr.

Wie sagen Sie zum Totenmahl? Kennen Sie diese Wörter, die hier aufgezählt sind? Vielleicht haben Sie noch einen anderen Ausdruck dafür? Ich kann ja mal bei meinen Schweizer Bekannten nach hören, wie man hier sagt. Bei uns zuhause sagt man: Beerdigungskaffee. Beim Wort Leichen-schmaus assoziere ich vor allem ein leckeres Essen (es wird geschmaust). Warum auch nicht? Wenn der Verstorbene gerne gegessen hat, wird’s ihm gefallen ;-).

Lesen Sie hier, was uns in der Sendung gezeigt und erzählt wurde. Ist leider nicht als Video archiviert.

Und dann war da ein Regenbogen. Trauerzeremonie in Hawaii.

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Photo courtesy of Marc Chambers. https://instagram.com/mauimarcc

Ein junger Mann verunglückt in den Schweizer Alpen beim Snowboardfahren tödlich. Und seine Mutter erinnert sich, dass er von einer Trauerzeremonie in Hawaii schwärmte, die er im Fernsehen sah: „a paddle-out memorial for a surfer in Maui.“

Lesen Sie hier die sehr berührende Geschichte einer Mutter aus Deutschland, die sich auf den Weg gemacht hat nach Hawaii, um die Asche ihres Sohnes im Meer zu verstreuen. Sie organisierte ein „paddle-out memorial“ für ihn. (Vor dem Lesen Taschentuch holen ;-)).

More Than 100 Surfers Gather To Help Grieving Mother Say Goodbye To Her Son

Diese Geschichte zeigt, dass es „anders“ geht. Die Mutter hat zugehört und sich auf den Weg gemacht. Sie hat sich sehr verletzbar gezeigt und sie sind gekommen: 100 Surfer, die ihrem Sohn das letzte Geleit auf ihren Surfbretten erwiesen. Für die Mutter hat genau das den Frieden, die Ruhe und den Trost gebracht, den es braucht beim Verlust eines geliebten Menschen. Sie hat für sich und für ihren verstorbenen Sohn gut gesorgt.

Dieses schöne Erlebnis hat mich zu meiner Sehnsucht getragen und meinen Mann bitten lassen: Süßer, wenn ich mal vor Dir sterben sollte, bring bitte meine Asche nach Hongkong und verstreu sie überm Peak. Er fragte: Warum? Weil ich in Hongkong die schönste Zeit meines Lebens verbracht habe.

Wunderschöne Vorstellung für mich, da oben mitten im satten grünen „Dschungel“, den tosenden Verkehr aus der Stadt hinauf schwappen zu hören. Ein sehr tröstlicher Gedanke :-).

Und wo soll Deine Asche mal verstreut werden?

Trauer im Betrieb ein unbeackertes Feld – heute in der FAZ

Wenn ein Kollege stirbt … was tun?

Wir gehen wir damit um, wenn ein Kollege stirbt?
Wie trauern wir um ihn oder sie?
Wie erinnern wir uns?
Welche Rituale hat ein Unternehmen, um ihr oder seiner zu gedenken?
Wie individuell wird eine Todesanzeige formuliert?
Was darf man den Mitarbeiterin zumuten?

Heute lesen wir in der FAZ in der Rubrik Beruf & Chance: Der leere Schreibtisch nebenan. Ich zitiere: „Anders als im privaten Bereich sei die Trauer im Betrieb jedoch noch immer „ein fast komplett unbeackertes Feld“, beklagen Experten wie Sylvia Brathuhn vom Bundesverband für Trauerbegleitung“.

Haben Sie schon mal um einen Kollegen/eine Kollegin getrauert? Oder trauern gerade um einen netten Menschen aus der Firma? Und es kommt Ihnen bekannt vor, was Sie hier lesen?

Schön finde ich den Punkt, „dass die Unternehmensleitung einen Plan für den Umgang mit Todesfällen in der Schublade liegen habe“. Und zwar nicht eine 0-8-15-Chechliste sondern einen Plan, der zum Unternehmen passt. Haben Sie oder Ihre Firma vorgesorgt für Todesfälle?

SterbebegleiterInnen sind „Engel“

Foto-7Heute morgen rief mich meine Freundin aus Frankfurt an. Eine Bekannte erzählte ihr, dass ihr Vater gestorben sei. Und Gott sei Dank gab es diese wunderbare Sterbebegleiterin, die die ganze Familie auf das vorbereitete, was in den nächsten Stunden passieren würde.

„Passen Sie auf: Jetzt verlässt die Seele den Körper“, sagte sie.

Claudia Cardinal beschreibt in ihren Büchern andere „Engel“, die den Hinterbliebenen die richtigen Worte sagen oder sich still aus dem Sterbezimmer verziehen, damit eine Tochter oder eine Ehefrau in den letzten Minuten allein ist mit dem Sterbenden.

Aber auch das Danach wird von SterbebegleiterInnen und Sterbeammen begleitet. Ein „Engel“ ermunterte die Tochter noch eine ganze lange Weile bei ihrer Mutter zu sitzen und sie dann zu waschen … und auch hier verzog sich „der Engel“ still und leise. Für die Hinterbliebenen sind dies beglückende und dankbare Momente. Es braucht Begleitung, Ermutigung und Unterstützung, weil man in der Trauer gefangen ist. Es braucht Worte und Stille, um diese letzten Stunden gut und friedlich zu gestalten.

Claudia Cardinal: Wir sehen uns.

Trauern. Zwiegespräch mit meinem Pa.

Ich bin im ersten Trauerjahr. Es ist noch kein halbes Jahr vergangen. Immer wieder wenn ich zur Ruhe komme, ist sie da, die Trauer um meinen Vater. Wenn ich wie ein Wirbelwind schreibe und dies und das erledige, ist sie verflogen. Wir wissen es: Trauer kommt in Wellen. Mal plötzlich und heftig, mal leise und zart.

Abends setze ich mich gerne noch eine Viertelstunde „zu meinem Vater“. Sein Bild steht im Bücherregal. Er schaut mich direkt an und lacht mich an.

Ich: Hallo, mein Pa … bist Du da?

Die Kerzenflamme flackert aufgeregt.

Ich: Wie geht es Dir? Alles klar?

Die Kerzenflamme beruhigt sich.

Ich: Es ist gut hier bei Dir zu sitzen. Ich muss Dir erzählen ….