19.11. Petra: Ausrangiert

Vor wenigen Minuten hatten sie Blumen in bunten Herbstfarben für eine Pflanzschale bestellt. Für Montag. Da soll die Beerdigung stattfinden. Das Trauergesteck mit den grünen Textfahnen und der silberfarbenen Schrift wird eine Geste sein, dass sie vier an ihn denken. Ein liebevoller Gruß für die letzte Reise. Viele Jahre haben sie mit ihm im gleichen Haus gelebt. Er war ihr Nachbar.

Sie genossen das gemütliche Ambiente im angrenzenden Café. Es fiel spätsommerliches Herbstlicht durch die geöffneten Glasscheiben. Die Sonne brannte. Der Kuchen schmeckte lecker. Es war viel los. Die Menschen zog es ins Freie. Eine Trauergesellschaft löste sich auf.

Am Nebentisch hörten sie wie eine Frau ins Erzählen kam. „Ich hab heute das blau-weiß karierte Hemd meines Vaters aus meinem Kleider- in den Flurschrank gehängt. Was soll dieses Hemd in meinem Schrank, dachte ich? Viel zu nah dran an meiner Garderobe.

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Was bleibt?

Wenn du jetzt sterben würdest, was würde in 10 Jahren von dir geblieben sein? – Eine spannende Frage, die auf dem Twitter-Account des Bestattungsunternehmens Thanatos vom Geschäftsführer Julian Heigel vor ein paar Wochen aufgeworfen und für sich selbst beantwortet hat: Erinnerungen bei denen, die er ausgebildet hat, Erinnerungen bei Familienangehörigen und engen Freunden und ein Berliner Erd-Grab, das – so seine Vermutung – nicht besonders gepflegt sein wird.

10 Jahre sind eine lange Zeit, aber nun auch wieder nicht so lang, dass man sie nicht überschauen kann. Und auch nicht so lang, dass man nicht einen spekulativen Blick in die Zukunft wagen darf. Das ist das Reizvolle an dieser Fragestellung. Zugleich ist es die Frage nach einer Zwischenbilanz und einer Rückschau auf das eigene Leben. Was habe ich erreicht? Und vor allem: Was davon wird bleiben?
Ich nehme die Frage gern mal auf:

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Wieder wurd‘ wer eingegraben…

Unsere Nachbarin ist die Mesnerin der katholischen Kirchengemeinde St. Martin in unserem kleinen Dorf. Als solche verrichtet sie nicht nur zahlreiche liturgische Dienste, sie ist auch für das Glockengeläut zuständig, allerlei weitere Aufgaben am und im Gebäude und weiß bestens Bescheid über alles, was sich innerhalb des Gemeindelebens abspielt. So auch ihr Mann, der an den Gottesdiensten gelegentlich als Eucharistiehelfer beteiligt und in der Katholischen Marianischen Männerkongregation aktiv ist. So kommen auch wir gelegentlich in den Genuss, Neues zu erfahren, was das (kirchen)-gemeindliche Leben betrifft.

Die Kirche im Dorf - gelber Saharasandhimmel

Als „Zugroaste“ in Bayern, noch dazu als Protestant, gehöre ich nun mal nicht dazu. Und manches in dem sehr katholischen und traditionsverankerten Leben ist mir eher fremd, was nicht heißt, dass ich mir darüber ein Urteil anmaßen möchte. Ich betrachte das Ganze eher phänomenologisch: Ich sehe die Phänomene religiösen Handelns, nehme sie wahr und ernst und versuche, sie verstehen und einzuordnen. Aber darum geht es hier nicht. Weiterlesen

Abschied nehmen versus sich erinnern: Susannes Mutter starb plötzlich

Susannes Mutter ist vor einigen Wochen plötzlich gestorben. Ihr Tod kündigte sich keine Sekunde vorher an. Plötzlich war sie tot. Susanne und ihre Töchter waren geschockt und konnten es erstmal gar nicht fassen.

Ich fragte Susanne vorgestern ob ich über ihre Erfahrung schreiben darf. Heute erzählte sie mir alles und ich bedanke mich sehr bei ihr für ihr Vertrauen. Sie ist froh, dass ich sie gefragt habe, denn sie meint, es müsse sich in unserer Beerdigungs- und Trauerkultur etwas verändern. Weg vom Üblichen hin zu etwas Neuem, Authentischem. Abschied nehmen ja, aber nicht so todtraurig. Natürlich ist der Körper tot, wird verbrannt oder begraben. Aber die Erinnerung an den geliebten Menschen, das „sich erinnern“ das ist was zählt und was trägt. Das ist, was für Susanne im Mittelpunkt steht. 

Zunächst musste sie sich um die Wohnung kümmern, auf- und ausräumen und die Beerdigung organisieren. Susanne erzählt mir, dass ihr die Fotoalben ihrer Mutter aber auch Briefe der Liebhaber ihr einen neuen Blickwinkel auf ihre Mutter schenkten. Sie musste über so manches lachen neben ihrer Trauer. Susannes Mama war ein umtriebiger Mensch, die gerne andere mitriss und begeisterte. Sie war neugierig auf das Leben und hat es ausgekostet. 

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8.11. Martin Horstmann: Welche Lieder sollen auf meiner Beerdigung gesungen werden?

Ich beschäftige mich selten mit Tod und Sterben (Ausnahmen bestätigen die Regel…). Das hat sicherlich damit zu tun, dass ich in einer Lebensphase stecke, die deutlich vom anderen Pol des Lebens her geprägt ist: nämlich von ihrem Anfgang. Aber ich mache mit bei der November-Blog-Aktion “Welches ist deine heimlichste Frage zum Tod & Streben” von Petra Schuseils und Annegret Zanders Totenhemd-Blog.

Es ist, zugegeben, nicht meine “heimlichste Frage”. Es ist eher eine sanfte Annäherung an das Thema. Und dazu eine recht schöne: Ich stelle mir die Frage, welche Lieder auf meiner eigenen Beerdigung gesungen werden sollen.

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Dieter Stenner / pixelio.de

Schon seit langem habe ich in meinen Notizbüchern einen Platz, an dem ich mir solche Lieder notiere. Manchmal streiche ich eins der Lieder wieder durch oder füge ein anderes hinzu. Doch im Laufe der Zeit hat sich eine recht beständige Auswahl ergeben. Es sind sechs Lieder. Ich glaube, dass das für eine Beerdigung viel ist. Aber diesen Wunsch wird man mir ja wohl kaum abschlagen.

Und auch wenn die Blog-Leser/innen mit meiner Auswahl nicht mitgehen, regt dies vielleicht für eine eigene Beerdigungslieder-Liste an. Denn das Ganze ist auch eine schöne Übung, die eigene Frömmigkeit/Spiritualität mal auf den Punkt zu bringen. Und mal etwas anderes als die bekannte Löffel-Liste (die natürlich auch eine schöne Sache ist!).

Der Mond ist aufgegangen

Es ist eines der schönsten Kirchen-, Volks- und Abendlieder überhaupt: Der Mond ist aufgegangen von Matthias Claudius. Besonders wichtig ist mir die dritte Strophe:

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn. (3. Strophe)

Genauso ist es. Der Mond ist aufgegangen ist übrigens das erste Lied, das ich dem Hannoverjungen vorgesungen habe, unendliche Male. Das ist insofern besonders, da ich eigentlich nicht singe. Bei meinem ersten Sohn und diesem Lied habe ich dann angefangen, laut (vor) zu singen. Für einen Sangesunkundigen ist es schon eine etwas herausfordernde Melodieführung, aber es klappt wirklich gut.

Hier in Martins Blog jetzt weiterlesen bzw. hört Ihr an dieser Stelle in einem Video das gesungene Lied und Ihr findet weitere Lieder, die er sich zu seiner Beerdigung wünscht. Zum Schluss fragt er: Und eure Beerdigungslieder-Liste? 

Ich bin froh, dass ich Martin Horstmann gefragt habe, ob er bei unserer Aktion mitmacht. Danke für’s Mitmachen :-). Ich habe mit meiner Beerdigungslieder-Liste angefangen.

Hier geht es zu den Details unserer November-Blogaktion.

Fritz Roth´s Beerdigung – und ein weiteres Lied in unserer Sammlung: von Purple Schulz

Eine Karnevalsgarde im vollen Ornat am Sarg? Purple Schulz als Trauersänger? Bei Fritz Roth, dem Bestatter aus Bergisch Gladbach, ging das, denn er war, so wurde mir erzählt, eine rheinische Frohnatur, ein kreativer, lebenslustiger, kontaktfreudiger Mensch. Im Leben wie im Sterben war ihm und nun seiner Familie wichtig, dass wir mit dem Tod unbefangen umgehen. Darum wurde seine Trauerfeier aufgezeichnet und auf Utube bereitgestellt. Und hier habe ich nun ein wunderschönes anrührendes Lied von Purple Schulz entdeckt, das er für Fritz Roth geschrieben hat.

http://www.puetz-roth.de

Auch zu Fritz Roth: Einmal Jenseits und zurück und Das letzte Hemd ist bunt