Leere, Trauer, Machtlosigkeit – kein Happy End

Vorbemerkung:
Seit Anfang Dezember 2021 wurde der 16jährige Joshua aus Berlin-Hellersdorf vermisst. Die Polizei suchte fieberhaft, die Medien im Berliner Raum veröffentlichten Suchaufrufe, der Vater wandte sich in seiner Verzweiflung selbst an die Öffentlichkeit. Twitter war eines der Medien seiner Wahl.

Seine eigene Reichweite und das tausendfache Teilen des Suchaufrufs machten den Fall weit über Berlins Grenzen bekannt. Es waren drei Wochen voller Hoffen und Bangen, dann am 1. Weihnachtsfeiertag kam die traurige Gewissheit: Der Junge war tot, ein Spaziergänger hatte die Leiche des 16jährigen gefunden. Rico Baganz, der Vater, machte seiner Verzweiflung auf Twitter Luft, ein Tweet, der alle, die das Geschehen verfolgten, wie ein Schlag in die Magengrube traf.
Selten taten wenige Worte und schwarze Herzen so weh.

Ich möchte an dieser Stelle die ersten Tweets des Vaters und einen von der Berliner Polizei teilen – es geht an die Nieren, denn es ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann: Das eigene Kind zu verlieren.
Niemand, der das nicht selbst erlebt hat, kann das nachvollziehen, allerhöchstens eine Ahnung davon haben, was das bedeutet, was diese Familie durchmacht. Rico Baganz hat mittlerweile angefangen, auf Twitter von seinem toten Jungen zu erzählen, seine Tweets sind eine Art Therapie, wie er selbst schreibt. Das ist aufwühlend und zutiefst bewegend. Die Anteilnahme Hunderter unter jedem einzelnen Tweet ist überwältigend und wiederum sehr an die Nieren gehend.

Bitte klickt auf Weiterlesen nur, wenn Ihr die Tweets eines völlig verzweifelten Vaters in all seiner Leere, Trauer und Machtlosigkeit lesen (und aushalten) könnt. Es ist – zumindest empfinde ich das als Vater so – sehr schmerzhaft. Aber es ist ein Teil unser aller Lebenswirklichkeit, vor dem wir uns nicht verschließen können. Wenn wir übers Sterben reden und den Tod, dann gehört auch das dazu.
Geliebte Menschen sterben, und wir müssen damit umgehen. Rico hat seine Art gewählt: Lautes, öffentliches Trauern.

Auch wenn Ihr keinen Twitter-Account habt, könnt Ihr über einen Klick den Original-Tweet auf der Plattform lesen.

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Buchtipp: Trost der Worte – Eine Anthologie

Wie die richtigen Worte finden?

Worte des Trostes, Worte der Trauer.

Eine Erfahrung, die wohl nahezu jeder Mensch gemacht hat, wenn es darum ging, eine Trauerkarte zu schreiben. Das Papier bleibt weiß, der Stift ungenutzt, es fehlt der richtige Gedanke. Wie etwas in Worte zu kleiden, was sich nur schwer sagen lässt.
Noch mehr gilt das, wenn man einem Angehörigen eines Verstorbenen kondoliert. Was sagen, um nicht platt, peinlich, phrasenhaft zu wirken?

Und letztlich: Wo und in welchen Worten finde ich selbst Trost und Zuspruch?

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Wir trauern um einen Freund

60F3F3DF-3E57-44B8-8723-3115F3F9DD61_1_201_aWir trauern um einen Freund, der in Hongkong tödlich verunglückte während einer Fahrradtour oben auf dem Peak. Ich habe J. und seine Familie, langjährige Freunde meines Mannes, vor zwei Jahren in HK kennengelernt nach unserer Fahrradreise in Taiwan.

J. lebte und arbeitete in HK. Seine Frau und Kids in einer deutschen Großstadt.

In Coronazeiten ist das alles grad sehr entsetzlich und zum Haare raufen. Trauern kann unsere Freundin nicht. Und sie kommt grad auch nicht in die Megacity. Kann nichts tun als warten und hoffen, dass irgendwie alles gut geregelt wird. Weiterlesen

Ich möcht mal heulen …

… um all die Toten, die inzwischen am Coronavirus gestorben sind.

Für all die Ärzte (vor allem derzeit in Italien), die sich mit der sogenannten Triage beschäftigen müssen. Sie entscheiden – wie im Krieg / Regeln aus der Katastrophenmedizin – wer am Leben bleibt und wer lebensrettende Maßnahmen in Form eines Beatmungsgerätes erhält.

In Italien, Spanien und Frankreich fehlt es grad an allem. Die Ärzte und Pflegemitarbeiter*innen sind am Limit. Vor allem ist es seelisch furchtbar über Menschenleben entscheiden zu müssen.

Gott sei Dank kommt Hilfe und Unterstützung aus allen möglichen Ländern.

Ich könnt heut heulen …

Ich höre mir täglich den Podcast mit Dr. Drosten auf NDR an.
Er schafft Fakten.

Ich schaue mir auf der Karte der Johns Hopkins University an wie schnell sich der Virus verbreitet. Siehe vor allem unten rechts die Kurve der täglichen Vermehrung! Weiterlesen

Silkes Blogtag: Alle reden über Trauer 2017

alle-reden-u%cc%88ber-trauer-2017Silke Szymura hat eingeladen zu einem ganz besonderen Blogtag. Heute am Montag reden alle über Trauer. Hier ist die Einladung zu ihrer Aktion.

Da wir gerade in Poesie-Stimmung sind schreibe ich für ihre Aktion ein Elfchen.

 

 

traurig
bin ich
Seele, mein Schatz
schenkst mir Liebe und
wartest

 

 

Kino-Tipp: Eine China-Reise

In Zürich läuft derzeit im Lunchkino dieser sehenswerte Film. Liliane lebt mit ihrem Mann in Paris ein eher langweiliges Leben. Es scheint als hätten sich die Beiden nichts mehr zu sagen. Dann erreicht sie die Nachricht vom Unfalltad ihres Sohnes, Christophe, der seit Jahren in China lebt. Liliane möchte die Überführung von Frankreich aus organisieren, was schier unmöglich ist. Also fliegt sie nach Shanghai … allein … mit dem Zug weiter nach Chengdu, wo sie in Christophes Wohnung eintritt – ganz langsam – und ihn anhand seiner Spuren neu kennenlernt. Sie hat ihn nie besucht … und bereut es sehr. Weiter geht es mit dem Bus zu dem Ort wo der Unfall passierte und Freunde von ihm wohnen. Ein kleiner Junge lehrt sie unterwegs die ersten chinesischen Wörter.

Im Ort angekommen bezieht Liliane Weiterlesen

Was bleibt?

Kunst im Baummuseum ENEA

Kunst im Baummuseum ENEA

Angeregt durch die Ausstellung „Was bleibt?“ in Frankfurt-Höchst stellt sich für jeden Frage: Was bleibt, wenn ich mal nicht mehr bin?

Eine Ausstellungsbesucherin schreibt ins Gästebuch: „Zu Lebzeiten Gutes tun, bleibt in Erinnerung“. Martin Luther soll gesagt haben: Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“

Haben Sie ein Bäumchen gepflanzt? 🙂

In Fritz Roths Buch „Trauer ist Liebe“ habe ich gestern folgendes gelesen: Ein MItarbeiter und Kollege starb 50-jährig bei einem Verkehrsunfall. Der Agenturinhaber beließ es nicht bei der Beerdigung. Ein Kondulenzbuch wurde ausgelegt und ein Baum vor dem Eingang zur Agentur gepflanzt.  Es hätte dem Verstorbenen gefallen!

Was bleibt? – keine leichte Antwort, oder?

Mir fallen diese Dinge ein, die bleiben:

* Fotos
* Erinnerungen und Geschichten
* Geschenke
* Bilder – gemalt vom Toten
* ein Buch oder Bücher, die veröffentlich wurden
* Unternehmen, die gegründet wurden, Einrichtungen, Hotels die gebaut wurden
* Häuser und Grundstücke
* Kinder und deren Kinder …. der Stammbaum entwickelt sich weiter
* ein Handy, ein Computer oder ein Tablet – der digitale Nachlass und die Spuren im Internet

Was bleibt? Was habe ich vergessen? Was fällt Dir ein?

Trauer im Betrieb ein unbeackertes Feld – heute in der FAZ

Wenn ein Kollege stirbt … was tun?

Wir gehen wir damit um, wenn ein Kollege stirbt?
Wie trauern wir um ihn oder sie?
Wie erinnern wir uns?
Welche Rituale hat ein Unternehmen, um ihr oder seiner zu gedenken?
Wie individuell wird eine Todesanzeige formuliert?
Was darf man den Mitarbeiterin zumuten?

Heute lesen wir in der FAZ in der Rubrik Beruf & Chance: Der leere Schreibtisch nebenan. Ich zitiere: „Anders als im privaten Bereich sei die Trauer im Betrieb jedoch noch immer „ein fast komplett unbeackertes Feld“, beklagen Experten wie Sylvia Brathuhn vom Bundesverband für Trauerbegleitung“.

Haben Sie schon mal um einen Kollegen/eine Kollegin getrauert? Oder trauern gerade um einen netten Menschen aus der Firma? Und es kommt Ihnen bekannt vor, was Sie hier lesen?

Schön finde ich den Punkt, „dass die Unternehmensleitung einen Plan für den Umgang mit Todesfällen in der Schublade liegen habe“. Und zwar nicht eine 0-8-15-Chechliste sondern einen Plan, der zum Unternehmen passt. Haben Sie oder Ihre Firma vorgesorgt für Todesfälle?