100 Songs: Nick Cave & Kylie Minogue – Where the wild roses grow (1996)

Es ist ’ne Weile her, dass ich in der Kategorie 100 Songs einen solchen über Sterben und Tod vorgestellt habe. Zeit wird’s also, das Augenmerk auch mal wieder auf die Musik zu richten.
Einer, der ein ganzes Album zum Thema veröffentlicht hat, ist der australische Musiker Nick Cave, der zusammen mit seiner Band Nick Cave and the Bad Seeds 1996 die Murder Ballads auf den Markt brachte, unschwer ist zu erraten, um was es in den Songs auf diesem Album geht. Damit, also mit Mord, passt es thematisch nicht ganz in meine Reihe, aber trotzdem:

Besonders populär und ein weltweiter Hit wurde das Duett von Nick Cave und Kylie Minogue Where the wild roses grow. Es nimmt nicht nur musikalisch eine Sonderstellung ein, denn das war ein für Cave eher untypischer Song, der aber so erfolgreich wurde, dass das Album, das ansonsten musikalisch in eine ganz andere Richtung geht, das erfolgreichste in der Geschichte der Band wurde. Düster zwar, grüblerisch und eindringlich, aber auf seine Art auch sehr einfühlsam, fast scheint es, es sei die Figur des Täters in seiner Zwanghaftigkeit, das Schöne zerstören zu müssen, genauso zerbrechlich wie sein Opfer.

Cave erzählte später in einem Interview, dass er eine heimliche Besessenheit auf Kylie Minogue hatte und schon beim Schreiben sich niemand anderes vorstellen konnte, als sie, mit der er den Song aufnehmen wollte. Es war nicht der erste Song, den er für sie (und sich) schrieb, aber der erste, den er ihr zukommen ließ. Sie sagte (keine Überraschung) zu.

Inspiriert ist Where the wild roses crow von der Mord-Ballade Down in the willow garden, das eine sehr ähnliche Geschichte erzählt.
Die Wurzeln dieses Songs liegen im Irischen in Liedern und Balladen, damit erübrigt es sich, auf die Suche nach einem konkreten Fall zu gehen, den Cave in diesem Song vielleicht aufgegriffen hat. Anders aber als in Down in the willow garden wechselt in Where the wild roses grow die Erzählperspektive hin und her und verbleibt nicht beim Mörder und seinem Geständnis.
Cave übernimmt dabei die Rolle des Täters, Minogue die des Opfers.

Ein höchst artifizielles Musikvideo entstand, das nicht nur die Geschichte des Songs bebildert sondern auch gespickt ist mit Andeutungen und Anspielungen. Überwiegend iin weichgezeichneten Brauntönen ist es gehalten und zeigt Elisa Day (Kylie Minogue) tot im Wasser liegend, ikonisch sehr an die Sümpfe der amerikanischen Südstaaten erinnernd und einen zutiefst verstörten Täter am Ufer. Eine Schlange windet sich über die Tote, ein Hase schnuppert an ihr, er legt ihr eine Rose zwischen die Lippen und schließt ihre Augenlider. Welch Bilder!

Das Motiv erinnert dabei nicht ohne Absicht an Sir John Everett Millais‘ Gemälde Ophelia, das 1851/52 entstand: Der (Opfer)tod der ganz und gar Unschuldigen.

Hier der Text:

They call me the Wild Rose
But my name was Elisa Day
Why they call me that I do not know
For my name was Elisa Day

From the first day I saw her
I knew she was the one
She stared at my eyes and smiled
For her lips were the colour of the roses
That grew down the river
All bloody and wild

When he knocked on my door and entered the room
My trembling subsided in his sure embrace
He would be my first man, and with a careful hand
He wiped at the tears that ran down my face

They call me the Wild Rose
But my name was Elisa Day
Why they call me that I do not know
For my name was Elisa Day

On the second day I brought her a flower
She was more beautiful than any woman I′ve seen
I said, „Do you know where the wild roses grow
So sweet and scarlet and free?“

On the second day he came with a single red rose
He said: „Give me your loss and your sorrow!“
I nodded my head
As I lay on the bed
„If I show you the roses will you follow?“

They call me the Wild Rose
But my name was Elisa Day
Why they call me that I do not know
For my name was Elisa Day

On the third day he took me to the river
He showed me the roses, and we kissed
And the last thing I heard was a muttered word
As he knelt above me with a rock in his fist

On the last day I took her where the wild roses grow
She lay on the bank, the wind light as a thief
As I kissed her goodbye, said „All beauty must die“
And lent down and planted a rose between her teeth

They call me the Wild Rose
But my name was Elisa Day
Why they call me that I do not know
For my name was Elisa Day

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Über LP

Mal böse, mal artig, mal bösartig. Satirisch, unabhängig, kritisch, motzig, ironisch - ganz wie es die Situation erfordert. Beobachtend, lauernd, zubeißend. Der will eben nur spielen.

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