Steine der Hoffnung

Steine liegen vor mir. Ich lege einen dazu. Für die einen sind diese Steine Zeichen der Erinnerung, für mich sind sie ein wenig mehr. Es sind auch Steine der Hoffnung.
Doch von Anfang an.

Zu Füßen des Pulverturms der Burghauser Burganlage liegt ein kleiner Friedhof. Ich bin nach Burghausen gefahren, um mir im dortigen Haus der Fotografie die Ausstellung Bittersweet des Münchner Fotografen Christopher Thomas anzusehen. Ich erwarte wunderbare Bilder (werde auch nicht enttäuscht) und möchte den kühlen, wolkenverhangen Tag auch noch für die eine oder andere Erkundung der Stadt nutzen.

Auf dem Weg vom Parkplatz zum Pulverturm und weiter zum Wöhrsee passiere ich diesen kleinen Friedhof der südlich einer mit Löwenzahn und Hahnenfuß bewachsenen Wiese auf der Hochebene über dem Wöhrsee liegt.

In meinem Blog habe ich über diesen einerseits so unscheinbaren, andererseits so besonderen Friedhof einen Beitrag geschrieben. Um simultane Doppelveröffentlichungen zu vermeiden, verlinke ich ihn hier.

Zum Lesen bitte hier klicken.

Natur, Kunst und Achtsamkeit

Lucia Pec ist Landartkünstlerin und wir sind über Instagram befreundet. Dort heißt sie @my.creative.nature. Sie hat ein Kartenset gestaltet, jede Karte trägt ein wundervoll gestaltetes Naturkunstwerk als Motiv, dazu einige spirituelle Worte.

Sie hat mir eines dieser Sets geschenkt und ich stelle es euch hier vor. Ich selbst bin eher wenig spirituell, meine naturwissenschaftliche Seite ist stärker. Auf dem Friedhof ist es anders, die Atmosphäre dort macht empfänglicher für alles, was zwischen Himmel und Erde passiert.

Ich habe mir Karten ausgewählt, die mich spontan besonders angesprochen haben und mir passende Orte dazu gesucht und einige wunderschöne Stunden verbracht.

Zu den Karten gibt es ein Begleitheft, in dem Lucia ihre Gedanken zu jeder Karte aufgeschrieben hat, dazu gibt es achtsame und auch kreative Übungen, um sich dem Thema noch mehr zu nähern.

Lucia Pec: Lebe deine wahre Natur, 22,30 €, Allegria-Verlag

Sterben – der Kinofilm von Matthias Glasner

The name of the piece ist Sterben“, insistiert Bernard, der Komponist, während einer der Orchesterproben in diesem Kinofilm. Er ist bis zum Schluss mit seinem Werk unzufrieden. „Es ist noch nicht fertig“ sagt er zu Tom (Lars Eidinger), Dirigent des Werkes und sein bester Freund. Er arbeitet immer wieder verzweifelt an seinem Konzertstück weiter.

3 Stunden dauert der am 25. April angelaufene Kinofilm von Matthias Glasner. Die drei Kinostunden vergehen übrigens relativ kurzweilig. Lars Eidinger spielt in der Hauptrolle Tom. Tom ist nicht nur Dirigent und sondern auch Freund, Sohn, Liebhaber, Bruder, Vater. Der Film wird in Kapiteln gezeigt, in dem eine Person des Films hervorgehoben wird. Dann sehen wir in Rückblenden eine schon gezeigte Szene aus der Sicht des anderen Menschen.

Mir hat der Film sehr gefallen und ich empfehle ihn euch anzuschauen. Im Gespräch nach dem Film erzählte uns Matthias Glasner im Kino, dass er das Alltägliche in seinem Film zeigen will. Der Film hat keine Intention und er will auch nicht belehren. Schön wäre, sagte er, wenn uns die Figuren berühren und wir weiter an sie denken. Es soll ein Film sein, der uns „das Leben (und Sterben)“ zeigt und vielleicht sogar lange begleitet. Seine Frau hat ihn übrigens zu einem „guten Schluss“ unterstützt, so dass er ihn auf 3 Stunden (von vorher sechs, dann 3,5 Stunden) kürzen konnte.

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Theaterstück: Einfach das Ende der Welt

Zuhause – das sind die Eltern, die Dörfer, der Schulweg … “ aus dem Theaterstück

In Berlin habe ich im Deutschen Theater zusammen mit meiner Freundin Ingrid das Stück „Einfach das Ende der Welt“ nach Jean-Luc Lagarce gesehen. Es wurde vom Schauspielhaus Zürich adaptiert. Die Premiere fand in Berlin am 19. Januar statt. Das Stück ist vielfach ausgezeichnet und wurde neu ergänzt mit Corinna Harfouch.

Kurz zum Inhalt: es ist ein Drama über eine bürgerliche Familie. Benjamin hat vor 12 Jahren seine Familie verlassen, „weil er sich befreien wollte“ und hielt auch keinen Kontakt. Weder zu seiner Mutter, noch Schwester oder Bruder. Er wird sterben müssen, weil er krank ist und will nun diese Nachricht übermitteln. Wir erleben zu Beginn des Stücks wie Benjamin mit sich ringt. Er malt sich aus, wie es sein sein wird zurückzukommen in das Haus, zu seiner Familie, die 12 Jahre weitergelebt hat ohne ihn. Wir lesen hierzu: „Wie tritt man seiner Mutter gegenüber, wenn man zwölf Jahre lang ihre Stimme nicht hören wollte? Wie nennt man seine kleine Schwester, wenn man keine Ahnung hat, wer mit 14 ihre beste Freundin war? Und was sagt man seinem Bruder, der zwölf Jahre lang versucht hat, den Verlust des verlorenen Sohnes vergessen zu machen?“

Wir sehen ein bürgerliches Familienstück, in dem wahre Kommunikation nicht möglich ist. Vielleicht am Ende. Ein Hauch von Ehrlichkeit. Stark fanden wir den Anfang, weil der Schauspieler mit uns den Zuschauerinnen und Zuschauern in Kontakt geht und seine Gedanken mit uns teilt. Er ringt mit sich, ob und wie er seine Familie antreffen wird, was er vorfinden wird und wie er ihnen sagen wird, dass er sterben wird. Wir spiegelten sein schlechtes Gewissen. Wir riefen ihm immer wieder zu, weil er uns dazu aufforderte:

„DU WARST 12 JAHRE NICHT ZUHAUSE !“

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Buchtipp für neugierige Kinder: Radieschen von unten

„Radieschen von unten“ ist ein großartiges und überhaupt nicht langweiliges Buch über das Sterben. Im Gegenteil.

Ich habe es meinem sieben-jährigen Großneffen Moritz zum Geburtstag geschenkt. Es ist eigentlich erst für 8-jährige. Das macht auch Sinn, denn ich finde, es ist neben den vielen schönen Illustrationen und Cartoons mit viel Text geschrieben, den man lesen können muss. Insofern finde ich, es ist ein Buch für sehr viel größere Kinder oder Erwachsene, die den Kids vorlesen. Warum habe ich es jetzt geschenkt? Weil Moritz bei der Beerdigung seiner Uri dabei sein wollte. Und das hatte mich sehr gefreut. Er war neugierig, „wie es sein würde: was da so alles passieren wird“. Und das kann man alles sehr schön im Buch nachlesen.

Mein Eindruck war, dass er selig war nach der schönen Beerdigung unserer Mutter. Wenn er mag, wird er irgendwann darin lesen oder auch nicht.

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Licht und Schatten. Spaziergang über die Friedhöfe in Berlin Mitte

Berlin ist eine interessante Stadt: inspirierend vielfältig. Die touristische Hauptstadt zeigt auch ihre elenden Seiten. Fotografiert hab ich die schönen Seiten Berlins. Auch den Regen. Während des Schlenderns in Berlin Mitte kam ich zu den beiden nebeneinander liegenden Totenstätten „Dorotheenstädtischer Friedhof“ sowie „Kirchhof der französisch-reformierten Gemeinde zu Berlin“. Ich lernte, auf beiden liegen bekannte Künstlerinnen und andere Persönlichkeiten. Für einen kleinen, von niedrigen Hecken begrenzten Bereich hat die Akademie der Künste die Nutzungsrechte erworben.

Es war kalt, ich zurrte meinen Mantel fest um mich und trug Schal, Mütze und Handschuhe. Licht und Schatten, Sonne und Wolken luden mich ein zu einem Spaziergang zu den Gräbern. Ich hörte wie jemand rief: „Hier liegt Hegel“. Bei Bertold Brecht machte ich kurz Halt. Ich war nicht allein an seinem Grab. Meine Spazierrunde war da schon beendet. Ich hatte einige Fotos von Grabsteinen und besonderen Figuren und Köpfen gemacht, die ich euch jetzt vorstellen mag.

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Träumt sie oder trauert sie?

Träumt sie oder trauert sie?
Man weiß es nicht.
Stände die Skulptur von Ignaz Ingerl (ca. 1751 – 1801) auf einem Friedhof, dann wäre die Antwort klar. Aber sie steht im Rokoko-Garten des Schätzler Palais in Augsburg.
Links und rechts stehen weitere Skulpturen angeordnet, stark verwitterte Sandsteinfiguren von Johann Michael Haff. Der Zahn der Zeit hat diesen arg zugesetzt.
Aus diesem Ensemble sticht die Trauernde (oder ist es eigentlich die Träumende?) hervor. Im Netz finde ich sowohl den einen wie den anderen Namen der Plastik.
Von Bildhauer Ignaz Ingerl ist nicht viel in Erfahrung zu bringen, viele Denkmäler von ihm sind nicht erhalten geblieben. Aber er war, so viel ist bekannt, auch Gestalter von Grabdenkmälern, gut möglich, dass es also doch eine Trauernde ist. Es fällt nicht schwer, sich diese Figur auf einem Grab vorzustellen.
Andererseits: Einst stand die Plastik im Freundschaftstempel des Augsburger Bankiers Christian III. von Münch im Garten des Schlosses Aystetten. Der Tempel wurde 1965 abgerissen, die Skulptur umplatziert in den Rokokogarten. Also doch eher eine Träumende?

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Muttern hat jetzt einen Kochlöffel

Meine Schwester Moni und ich haben vor Wochen auf dem Bauernmarkt diesen Smiley-Kochlöffel erstanden für Mutters Grab. Ihr erinnert euch, ich wollte einen Holzlöffel zu ihrer Urne legen, den ich dann vergessen hatte.

Wenn ich es mir recht überlege, ist es so viel schöner und lustiger Mutters Grabplatte zu betrachten. Diese war übrigens schmutzig braun verdreckt wie alle Autos und Dachfenster vom Wüstenwind der letzten Tage. Ich entdeckte eine Gießkanne und einen alten Schwamm und schrubbte erstmal die Platte blank.

Dann setzte ich mich zu ihr und erzählte während ich mein Brötchen kaute, was ich alles schon erledigt hatte: „Letzte Dinge hab ich erledigt, Mutti. Da gab es noch einiges zu tun: ich war im Justizgebäude, gleich um die Ecke von deinem letzten Zuhause, beim Grundbuchamt und Nachlassgericht, dann hab ich endlich das Sparbuch mit der Mietkaution abholen können. Einen Termin bei der Deutschen Bank hab ich nächste Woche, um dein Konto aufzulösen. Und gleich gehe ich zum Stadtarchiv und gebe Fotos und einen alten Prospekt vom Großen Felsenkeller in Bad Kreuznach ab (meine Ansprechpartnerin hatte sich übrigens sehr darüber gefreut).“

Und während dem ich da so auf meiner Zeitung auf der Wiese saß beobachtete ich einen alten Herrn, der eine andere Grabplatte putzte. Er versuchte es mit einem Taschentusch. Ich rief ihm zu, da hinten ist eine Gießkanne und ein Schwamm, aber er verneinte. Als er sich näherte erzählte er mir: „Hier liegt meine Tochter, sie ist ist jung gestorben an Krebs. Und meine Frau liegt da hinten im Grab, da komme ich dann auch mal hin. Ja so ist das Leben, gell?“

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Zweite Blüte auf dem Friedhof

Hannah und Malte haben vor einigen Jahren die Initiative „Zweite Blüte Bonn“ gegründet. Ihr Ziel: Aussortierte Grabpflanzen zu retten und ihnen ein zweites Leben zu schenken. Hier erzählen sie, warum und wie sie das machen.

Totenhemdblog: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Friedhofspflanzen zu „containern“– und ist das nicht eigentlich verboten?

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Zum Karfreitag: Hermann Hesse. Verhangener Tag

Verhangener Tag, im Wald noch Schnee,
Im kahlen Holz die Amsel singt:
Des Frühlings Atem ängstlich schwingt,
Von Lust geschwellt, beschwert von Weh.

So schweigsam steht und klein im Gras
Das Krokusvolk, das Veilchennest,
Es duftet scheu und weiß nicht was,
Es duftet Tod und duftet Fest.

Baumknospen stehn von Tränen blind,
Der Himmel hängt so bang und nah,
Und alle Gärten, Hügel sind
Gethsemane und Golgatha.

Hermann Hesse