Christines Gastartikel: Wie wir unserer Trauer Ausdruck verleihen und die Erinnerung wach halten können

„Die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.“

Dietrich Bonhoeffer bringt wunderbar auf den Punkt, welche vielfältigen Facetten in unserer Trauer stecken. Sie kann qualvoll sein, denn es schmerzt, sich in dem Wissen zu erinnern, dass nichts mehr so sein wird wie vorher. Und sie kann, wenn wir dankbar zurückschauen, eine stille Freude über all‘ das Schöne auslösen, was wir gemeinsam mit dem verstorbenen Menschen erlebt haben und an das wir uns erinnern dürfen.

Vielleicht haben Sie sich auch schon einmal nach einem Trauerfall gefragt, in welcher Form Sie Ihrer Trauer und Ihrer Erinnerung Ausdruck verleihen möchten. Seit ich mich näher mit dem Thema befasse, nehme ich glücklicherweise einen immer offeneren Umgang mit Trauer wahr. Menschen werden kreativer, um ihre Erinnerung in eine Form zu gießen und ihr einen Platz zu geben. Um den Schmerz umzulenken in einen gestaltenden Prozess und ein Symbol der Erinnerung zu schaffen. Währenddessen können die Gedanken auf Reisen gehen, zurück zum gemeinsam Erlebten und so kann Schritt für Schritt Dankbarkeit wachsen.

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Fotocollage von Christine

Dieser Prozess wirkt heilsam, das durfte ich persönlich erfahren. Aus Hemden meines im letzten Jahr verstorbenen Vaters habe ich anlässlich seines 1. Todestages Kissen für alle Kinder und Enkelkinder genäht. Es war zunächst ein seltsames Gefühl, seine Hemden auseinanderzuschneiden, in denen ich ihn am Klavier sitzen sah oder „ausgehfein“ im schicken Anzug. Ich spürte eine Welle der Traurigkeit durch mich hindurchziehen. Ja, autsch! Aber dann: daraus etwas Neues entstehen zu lassen, das weiter bestehen wird und damit die Erinnerung an einen ganz besonderen Menschen wach hält, das war ein ganz besonders schönes Gefühl. Und noch besser: die leuchtenden Augen der Beschenkten!

Im Netz habe ich noch einige weitere kreative Ideen gefunden, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte – auch bestens geeignet, wenn Sie nicht selbst Hand anlegen möchten:

  • Jana Hellekamps stellt mit Ihrer roccofant Manufaktur Stofftiere aus T-Shirts oder Hemden des Verstorbenen her: http://www.roccofant.de/
  • Jennifer Arndt-Link hat die Mapapus erfunden – ein sehr niedliches Fabelwesen aus alten T-Shirts, die ursprünglich für Trennungskinder gedacht waren, die zwischen Mama und Papa hin- und herpendeln: https://www.mapapu.de/de/home.html
  • Frank Schöneberg fertigt Erinnerungsschmuck, bspw. mit dem Fingerabdruck des Verstorbenen: http://www.schoen-e-berg.de/index.php
  • Perlenkette der glücklichen Momente: schöne Perlen gibt es auf Kreativmärkten oder in Bastelläden zu kaufen. Verbinden Sie mit jeder Perle eine schöne Erinnerung und knüpfen daraus ein Armband oder eine Kette. Ich stelle mir vor, dass das auch gut gemeinsam mit Kindern oder Geschwistern möglich ist.
  • Mechthild Schroeter-Ruhpieper ist für mich mit ihrem Institut für
    Gebrochene Herzen

    mit freundlicher Genehmigung

    Familientrauerbegleitung Lavia der Inbegriff kreativer Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Besonders gut gefällt mir die Idee, das gebrochene Herz mit Pflastern zu flicken, die jeweils etwas symbolisieren, das den Trauernden gut tut.

Trauer ist und bleibt sehr individuell. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihren ganz persönlichen Umgang damit finden. Und wenn Ihnen diese Ideen kreativer Zugänge gefallen, dann freue ich mich über Ihre Resonanz hier in den Kommentaren!

Herzlichst, Christine Kempkes, Coach – Mediatorin – Krisenbegleiterin

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Erinnern, Nach dem Tod, Trauern und Trösten und verschlagwortet mit , , von Petra Schuseil. Permanentlink.

Über Petra Schuseil

Als "alte" Frankfurterin pendel ich seit Anfang 2012 zwischen Frankfurt und dem Zürichsee hin und her. 64 bin ich jetzt und offiziell Rentnerin. Ich schreibe regelmäßig Morgenseiten, singe im Kirchenchor, und schwimme im Sommer täglich im Zürichsee. 2013 kam mein Buch "Finde Dein Lebenstempo" auf den Markt. "Wesentlich werden" so heißt ein anderer Blog von mir. Seit Ende 2014 gibt es unseren Totenhemd-Blog. Inzwischen sind wir ein Team: Juliane, Sigrid und Lutz schreiben mit. Wenn nicht jetzt, wann dann ist mein Lebensmotto.

2 Gedanken zu „Christines Gastartikel: Wie wir unserer Trauer Ausdruck verleihen und die Erinnerung wach halten können

  1. Liebe Christine, wunderbar diese Idee mit den Kissenbezügen. Toll, dass Du das geschneidert hast. Das kann ich mir vorstellen, dass einen da die Trauer erwischt, wenn man Vaters alte Hemden in Händen hält und den schönen Stoff fühlt.

    Gut gemacht! 🙂

    Danke für deinen Gastartikel und die schönen Fotos dazu.
    Die Links, die Du uns hier nennst, sind so klasse und wertvoll.

    Wir lesen uns … Herzlich. Petra

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