Das Schlimmste was passieren kann?

IMG_3496Meine Mutter hatte einen schweren Schlaganfall. Von Tag zu Tag gelingen ihr kleine Erfolge in der Früh-Reha und sie gewinnt ein Stück Lebensqualität und Lebensfreude zurück. Das ist so schön!

Ich denke jetzt oft über die Endlichkeit unseres Lebens, meine Endlichkeit nach. Aber auch über das, was auf uns im Alter zukommt. Denn ich telefoniere mit den Freundinnen meiner Mutter, die ich seit Kindheit kenne. Sie sind alle um die 80 und älter und teilweise sehr gebrechlich geworden. Meine Weisheit ist nicht neu und dennoch: wir werden älter, wir werden Kraft verlieren, wir werden einigermaßen fit sein oder ggfs. krank werden. Ich spreche und unterhalte mich auch mit meinen neuen Schweizer Freunden, die so um die 70 sind. Die Energie schwindet langsam, die Lust zu reisen bleibt aber :-). Das freut mich zu hören.

Außerdem werde ich gerade mit unserem Krankenhaussystem und den teilweise sehr ausgelasteteten Schwestern und Pflegekräften konfrontiert, organisiere eine neue Bleibe für meine Mutter nach dem REHA-Aufenthalt. Was für Themen! Am liebsten würde ich manchmal den Kopf einziehen aber ich mache weiter.  Es gehört zu unseren Aufgaben, dass wir uns um unsere Eltern kümmern, wenn sie nicht mehr können. Ich komme manchmal an meine Grenzen und erlebe mich ohnmächtig. Gott sei Dank gibt es so nette Schwestern und wunderbare fröhliche Krankenpfleger!!! Großartig!

„Wir rasen in unserer Pflege auf eine Katastrophe zu“ – hörte ich eine Freundin sagen. Und unser neuer Gesundheitsminister Spahn versucht gerade einen politischen Spagat um die Pflegeberufe wieder attraktiv zu machen. Ich bin gespannt und wünsche uns, dass es besser wird.

Aber jetzt bin ich ein wenig abgedriftet. Ich höre mich in meinem Innern manchmal den Satz sagen: Wenn das Schlimmste passiert … dann ist es der Tod eines geliebten Menschen. Aber ist der Tod wirklich das Schlimmste was in unserem Leben passieren kann? Wir wissen, dass wir sterben müssen. Wir wissen, dass unser Leben mit dem Tod endet. Haben wir nicht gelernt, dass der Tod die Vollendung unseres Lebens ist. Der Höhepunkt unseres Lebens? Der krönende Abschluss?

Wenn ein reiches langes Leben zu Ende geht, dann ist das doch sehr schön? Der Mensch kann gehen. Wir lassen ihn gehen und ziehen.

Was ist also schlimm am Tod eines geliebten Menschen, wenn dieser alt stirbt. Und was ist alt? Der Pflegeleiter eines Altenhauses meint: 80 sei jung. Ich finde 80 ist schon ein sehr hohes und reiches Alter. Wenn man mit 90 oder 100 stirbt dann ist das sehr gesegnet.

Ist es also das Schlimmste was passieren kann, wenn der Vater oder die Mutter alt stirbt? Nein, es ist nicht das Schlimmste. Wir wissen, dass es passieren wird. Wir wissen, dass Vater oder Mutter sterben werden eines Tages. Sind wir gewappnet?

Schlimm wird die Lücke sein. Mein Herzschmerz wird wahrscheinlich schlimm sein, meine Trauer. Ich weiß jetzt schon, dass ich sie seeeeehr vermissen werde. Aber es gibt Trost und viele Erinnerungen … und ich denke manchmal daran, dass ich ein schönes lebensfrohes Abschiedsfest möchte, wenn es dann soweit ist – für meine Mutter.

Nein, es wird nicht das Schlimmste sein, wenn meine Mutter irgendwann mal sterben wird. Ich bin vielleicht bei ihr, vielleicht auch nicht. Jetzt werde ich sie ermutigen und motivieren die kleinen Schritte in eine neue Lebensphase zu gehen. Sie wird sich an ihren Enkeln und Urenkeln erfreuen und Lebensfreude wiederfinden. Vielleicht werde ich Gelegenheit finden mit ihr über den Tod zu sprechen. Irgendwann. Ich genieße die Zeit mit ihr und bin dankbar.

Das Schlimmste ist was anderes oder?

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Sterben, Wendepunkte und verschlagwortet mit , , , , von Petra Schuseil. Permanentlink.

Über Petra Schuseil

Als "alte" Frankfurterin pendel ich seit Anfang 2012 zwischen Frankfurt und dem Zürichsee hin und her. 64 bin ich jetzt und offiziell Rentnerin. Ich schreibe regelmäßig Morgenseiten, singe im Kirchenchor, und schwimme im Sommer täglich im Zürichsee. 2013 kam mein Buch "Finde Dein Lebenstempo" auf den Markt. "Wesentlich werden" so heißt ein anderer Blog von mir. Seit Ende 2014 gibt es unseren Totenhemd-Blog. Inzwischen sind wir ein Team: Juliane, Sigrid und Lutz schreiben mit. Wenn nicht jetzt, wann dann ist mein Lebensmotto.

4 Gedanken zu „Das Schlimmste was passieren kann?

    • Liebe Hiltrud, ich denke oft „oh my god“ … dann müssen wir uns gegenseitig den Hintern abputzen ;-), wenn niemand kommt.
      Vielleicht haben wir Glück und „Lothar“ oder „Marco“ duschen uns morgens … ;-))

      Die Stroke Units sind voll! Die Intensivstationen deshalb auch. Die Hospize müssen Zimmer schließen, weil es keine ausgebildeten Fachkräfte gibt. Es ist sooooo schlimm!
      Deshalb: Schlaganfallprävention lesen! Und jeden Tag raus und sich bewegen!
      🙂
      HG. Petra

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