Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof mit Sigrid Tinz: Der Friedhof lebt.

In Deutschland ist Tag des Friedhofs. 17. September. Der Frankfurter Hauptfriedhof hatte zu verschiedensten Veranstaltungen geladen: „Persönlichkeiten besuchen, die hier begraben sind“ oder „Meditation zwischen den Gräbern“. Unser Thema war Sigrids Buch: „Der Friedhof lebt“.

Wir spazierten auf weichen Wegen mit altem Baumbestand. Alte Bäume sind gut. Auf dem Friedhof dürfen sie nämlich alt werden. Sehr alt. Sie bieten Vögeln und Eichhörnchen Höhlen und Astlöcher. Die Wurzeln wachsen tief und breit und in den Vertiefungen können Tiere wohnen. Oder es sammelt sich Wasser – auch Igel haben ja mal Durst.

Oft müssen solche Bäume gestutzt und gefällt werden, auf einem Friedhof weniger als in der Stadt. Aus Sicherheitsgründen zum Beispiel oder weil sie Bauvorhaben im Weg stehen. Bis ein neu gepflanzter Baum wieder so viele Höhlen und Wohnungen hat, muss er sehr alt werden. Deshalb ist es wichtig, Nistkästen aufzuhängen. Für Vögel, Fledermäuse, Siebenschläfer – und sie werden auch von anderen genutzt, von Hummelköniginnen zum Überwintern zum Beispiel.

Stille …wir hören Amseln rufen… ein Eichhörnchen huscht über uns weg … Haselnüsse und Laub knacken unter unseren  Füßen … der Friedhofspaziergang mit Sigrid startete an einem überaus schönen spätsommerlichen Sonntag. Totholzhaufen sollte man pflegen, sie bieten Tieren Platz zum Überwintern und zum Verstecken. Beim Stichwort Ribbeckscher Garten waren wir beim „Bestatten unterm Baum“ gelandet , wie im Friedwald … der ewige Kreislauf des Baumes und die Asche vermischt sich mit der Erde und dem Wurzelwerk und „man blüht/wächst als Tote/r sozusagen“ mit den Jahreszeiten mit. 

An einem mächtigen Grabstein hielt Sigrid mit ihrem Buch an und erzählte Interessantes zu Moosen. Grabsteine sind für Moose ein Paradies, besonders die unebenen und nicht geschliffenen Natursteine, in denen sich in den kleinen Ritzen und Löchern Wasser und ein bisschen organische Substanz sammeln kann. Moosen reicht das, sie sind noch viel bescheidener als das sprichwörtliche „Veilchen im Moose“ und wachsen überall da, wo sonst nichts wachsen mag – auf, Mauern oder Dächern – oder Grabsteinen. Wunderschöne Polster bedecken die Steine dann mit der Zeit. Wenn sich auf dem Moos Schnee oder Tau sammelt und die Sonne scheint, funkelt es wie Perlen. 

Naturgräber fallen neben den typischen Wechselbepflanzungen besonders auf. Wilder Pflanzenwuchs begrüsst uns. Wir sehen Kräuter, Rosmarin oder Lavendel. Auf der „Fetten Henne“ tummeln sich die Bienen. Nicht gefüllte Rosen werden zu Hagebutten und bieten Bienen an, sich zu nähren und fortzupflanzen. 

Sind die Blumen verblüht, sollte man sie stehen lassen. Denn dann versamen sie sich und kommen von alleine wieder. Außerdem haben Schmetterlinge und andere Insekten oft Eier an die Stängel gelegt – damit nach dem Winter eine neue Generation starten kann.

Wir lernen: unter den Naturgräbern ist eine „gute Verwesung“ möglich. Nach 20 Jahren ist der Sarg  eins geworden mit der Erde. Bei Gräbern mit sogenannter Wechselbepflanzung (Stiefmütterchen, Petunien, Begonien, Heide), die nie richtig einwurzeln kann und immer gegossen und gepäppelt werden muss, kann es zu Verwesungsstörungen kommen, weil sich kein gesundes Bodenleben entwickeln kann – das aber nötig ist um einen Körper in den Kreislauf der Natur zurückzuführen.

Sigrid erzählt uns, dass man mit einem Naturgrab wenig Arbeit hat, es reguliert sich über die Jahreszeiten selbst,  im Herbst oder Frühjahr Äste schneiden oder eben Unkraut jäten. Sie hat auch schon Gräber gesehen auf denen Gemüse gepflanzt wird: Kürbis sieht schön aus, Zucchiniblüten, Kohlköpfe … sie meint, einfach ausprobieren bis jemand meckert :-).

Wichtig: keine Pflanzenerde mit Torf verwenden, auch keine Graberde mit Ruß- oder Farbzusätzen. Torf gehört ins Moor zu der dort lebenden ganz besonderen Tier- und Pflanzenwelt. Außerdem ist im Torf eine Menge CO2 gespeichert, das frei wird, wenn der Torf abgebaut wird. Also: torffreie Erde kaufen. Eine gute Alternative ist es, Maulwurfshügel „abzuernten“.

Im Sommer die Insektentränken nicht vergessen.

Zu guter Letzt standen wir an einem großflächigen Familiengrab, das mit Efeu überdeckt war. Es bietet Insekten die Möglichkeit „Party zu machen“. Es surrt und flirrt im Herbst, wenn der Efeu blüht.

Das Fazit unseres Spaziergangs: Und wie es lebt auf dem Friedhof!  Wenn man genau hinguckt und ein paar wenige Sachen richtig macht und beachtet.

Sigrids Buch  „Der Friedhof lebt“ gibt es überall wo es Bücher gibt. Wer es direkt bei ihr bestellt, kann auch eins mit Widmung bekommen. Ihr erreicht sie unter redaktion@krautundbuecher.de. Auch wenn ihr Sigrid für eine Führung buchen wollt, schreibt ihr einfach.

Wir waren eine bunt gemischte Gruppe, Frauen wie Männer, jung und älter … nächstes Jahr treffen wir uns wieder – vielleicht mit Dir :-)?

eine Gruppe von 18 Menschen interessierte sich für Sigrids Rundgang

Sigrids Buch hatte ich im Blog vorgestellt. Unser Buchtipp: Der Friedhof lebt!

bzw. während eines Spaziergangs auf dem Friedhof Bornheim näher beleuchtet:
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